Abhörskandal im Saarland: Telefondatenaffäre in "Saarbekistan"

Die Kripo erspähte Telefondaten von Saar-SPD und "Spiegel". Nun fordert die Opposition Aufklärung. Regierungspolitiker sehen immer noch keinen Erklärungs- oder Handlungsbedarf.

Guck mal, wer da spricht. Bild: dpa

SAARBRÜCKEN taz Heiko Maas regte sich besonders auf: "Willkommen in der Bananenrepublik Saarbekistan. Hier wird der Rechtsstaat mit Füßen getreten und bespuckt!" Der Chef der saarländischen SPD ist von der sogenannten Telefondatenaffäre im Saarland besonders betroffen. Ihn macht vor allem die von der CDU-geführten Landesregierung latent demonstrierte "grenzenlose Arroganz" wütend. Denn obgleich das Amtsgericht Saarbrücken die Erhebung von Telefondaten der Anschlüsse der Spiegel-Redaktion und der SPD-Landtagsfraktion und deren Auswertung vor wenigen Tagen als "rechtswidrig" bezeichnet hat, sehen Regierungspolitiker immer noch keinen Erklärungs- oder Handlungsbedarf.

So hatte etwa der Innenstaatssekretär Gerhard Müllenbach (CDU) gleich nach der Urteilsverkündung erklärt, er könne die Entscheidung des Amtsgerichts "nur schwer nachvollziehen". Und die Telefondatenerhebung halte er weiter für "rechtlich einwandfrei".

Die Genossen um Maas hatten deshalb für den gestrigen Donnerstag die Einberufung des Landtagsausschusses für Verfassungs- und Rechtsfragen beantragt. Davon erhofften sie sich eine Verständigung über die "Konsequenzen aus der Gerichtsentscheidung". Die SPD wolle sich zudem "ein vollumfängliches Bild von den tatsächlichen Abläufen der Aktion machen" und auch die Verantwortlichen direkt befragen können. Die nicht öffentliche Sitzung im Landtag dauerte allerdings über den Redaktionsschluss dieser Zeitung hinaus an.

Bislang steht fest, dass die Kripo Saarbrücken 2003 im Zusammenhang mit den Ermittlungen im Fall Pascal - der vermutlich missbrauchte Junge war 2001 spurlos verschwunden und ist bis heute nicht aufgefunden worden - die Telefondaten auch der Fernsprechanlage im Vorzimmer von Maas erhoben und ausgewertet hat. Zuvor war das Protokoll einer damaligen Sitzung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsfragen zum Thema dem Spiegel zugespielt worden. Zudem hatte das Magazin über eine Ermittlungspanne im Fall Pascal berichtet und sich dabei auf Informationen eines anonymen V-Manns der Kripo bezogen.

Mit der Telefondatenerhebung, die auf Bitten der Kripo hin von der Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht Saarbrücken mit wohl "unvollständigen Informationen" - so mutmaßte unter anderem die FDP - beantragt worden war, sollte das "Informationsleck" gefunden werden. Dass die oppositionelle SPD dabei ins Visier der Fahnder geriet, ist für die Genossen nach wie vor "unfassbar". Doch den Rücktritt der damals politisch verantwortlichen Innenministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), die heute dem Bildungsressort vorsteht, klagte die SPD bei Ministerpräsident Peter Müller (CDU) bis heute vergeblich ein. In einem halben Jahr wird an der Saar schließlich ein neuer Landtag gewählt. Kramp-Karrenbauer selbst ließ vergangene Woche auf Nachfrage der Saarbrücker Zeitung von einem ihrer Sprecher ausrichten, sie habe die illegale Telefondatenerhebung bei der SPD und bei der Presse "weder initiiert noch beeinflusst".

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