Trotz Datenaffäre: Transparency hält Bahn die Treue
Wegen illegalen Datenabgleichs steht die Bahn politisch am Pranger. Trotzdem darf sie bei der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International Mitglied bleiben.
BERLIN taz Unternehmen, die Mitglied bei Transparency International sein wollen, sollen eigentlich Vorbilder sein. Zu "hohen ethischen Standards im Geschäftsverkehr" müssten sie sich verpflichten, erklärt die Anti-Korruptions-Organisation auf ihrer Webseite. Die Deutsche Bahn kämpft gerade mit einer Spitzelaffäre, in der das Unternehmen die Telefon-, Adress- und Kontodaten fast der gesamten Belegschaft überprüfen ließ. Dennoch sagte der stellvertretende Vorsitzende von Transparency International in Deutschland, Peter von Blomberg, der taz: "Die Frage eines Ausschlusses der Bahn steht für uns zurzeit nicht auf der Agenda."
Der Bahn wird vorgeworfen, beim Massenabgleich von Mitarbeiter- und Lieferantendaten gegen das Betriebsverfassungsgesetz verstoßen zu haben, das die Einbindung des Betriebsrats und die nachträgliche Information aller Betroffenen vorschreibt. Zudem sollen auch Aufträge zur illegalen Ausspähung von Kontobewegungen erteilt worden sein. In ihrem Zwischenbericht zur Datenaffäre hatte die Bahn vergangene Woche mögliche Gesetzesverstöße eingeräumt.
Bisher sei nicht erwiesen, dass die Bahn gegen Gesetze verstoßen habe, sagte von Blomberg: "Wir wollen erst die angekündigte neutrale Untersuchung abwarten." Auch müsse genau geklärt werden, wer für mögliche Fehler verantwortlich sei. "Unser Partner ist die Unternehmensleitung, nicht eine einzelne Abteilung wie die Revision", erklärte der stellvertretende Transparency-Vorsitzende. Die Aussage der Bahn, dass der Vorstand über die Spitzel-Aktionen nicht informiert war, hatten alle Oppositionsfraktionen im Bundestag für unglaubwürdig erklärt.
Neben dem Ausschluss gibt die Transparency-Satzung dem Vorstand auch die Möglichkeit, eine Mitgliedschaft ruhen zu lassen. Explizit gedacht ist dies für den Fall, dass die Klärung von Vorwürfen lange dauert. Doch auch davon soll im Fall der Bahn kein Gebrauch gemacht werden, weil man mit einer Klärung in absehbarer Zeit rechne, sagte von Blomberg.
Bei der "Gesamtabwägung" (Blomberg) der Umstände, die für die Entscheidung über die Bahn-Mitgliedschaft berücksichtigt werden, spielt möglicherweise auch Finanzielles eine Rolle: Mit einer Zuwendung von 5.113 Euro war die Bahn 2007 laut Geschäftsbericht der zweitgrößte Geldgeber von Transparency Deutschland.
Leser*innenkommentare
Stefan
Gast
Vertrauen ist das größte Gut von Organisationen wie Transparency International, das darf nicht auf's Spiel gesetzt werden!
Ich finde es zwar in Ordnung, das die Bahn nicht direkt ausgeschlossen wird, sondern erst die Untersuchungen abgewartet werden... aber ein Ruhen der Mitgliedschaft wäre dennoch das mindeste!
carsten
Gast
Sich wegen lausiger 5.000 Euro im Jahr die eigene Glaubwürdigkeit zerschießen? Die Leute von Transparency International haben wohl die MBA- und Manager-Denke der Kreise, in denen sie sich bewegen, vollständig übernommen, um zu glauben, mit sowas durchkommen zu können? Ich glaub' denen jedenfalls kein Wort mehr.
Martin
Gast
Ja, die Bahn macht sogar ihre Mitarbeiter transparent.