: Der Sensen-Beust geht um
PROTESTE Bei der Demonstration des Bündnisses „Recht auf Stadt“ marschierten manche mit Ole-von-Beust-Masken. Eine Bambule-Gruppe demonstrierte spontan auf der Reeperbahn
VON KAI VON APPEN UND LENA KAISER
„Not in our name – nicht in unserem Namen“: Für ein Recht auf Stadt haben am Freitagabend rund 2500 Menschen in Hamburg für eine bessere Stadtentwicklung demonstriert. Der Zug mit einem Dutzend Paradewagen war bunt geschmückt, viele Menschen hatten sich mit Henkerkappen, Sensen und dem Konterfei von Bürgermeister Ole von Beust verkleidet, andere hatten sich rosa Sonnenbrillen aufgesetzt.
„Meine Mieten explodieren, Grund für mich zu eskalieren“ oder „Kunstpolitik statt Kinosterben“ stand auf Sandwiches zu lesen, die sich Demonstranten umgehängt hatten. Auf den Transparenten, die die Karnevals-Karawane anführten, standen Forderungen wie „Hände weg vom Isebek“ oder „Altona steht auf – den Elch hab ich satt“. Am Isebekkanal in Eimsbüttel kämpfen Anwohner gegen die Bebauung des Grünstreifens am Kanal, in Altona gegen einen gigantischen Neubau des Möbelriesen Ikea, der täglich 2.500 Autos durch Käufer anlocken würde.
Ganz vorne bei der Parade fuhr ein echter historischer Wasserwerfer mit, der in München ersteigert worden war.
„Wir stellen sie soziale Frage“, sagte eine Sprecherin des Bündnisses „Recht auf Stadt“. „Wir gehen aus verschiedenen Gründen auf die Straße. Was uns zusammen hält, ist, dass wir etwas entgegen setzen können. Die Straße gehört uns“, so die Rednerin. Eine Stadt für alle gebe es ohne Konflikte nicht.
Zu der Demonstration hatte auch die Gewerkschaft Ver.di aufgerufen. Landeschef Wolfgang Rose ging in seiner Ansprache besonders auf die papierlosen Flüchtlingen in Hamburg ein, für die Ver.di eine Arbeitsrechtsstelle eingerichtet hat. Hamburg sei die reichste Stadt Deutschlands, Flüchtlinge seien besonders von der sozialen Spaltung betroffen. Diese sei „brutal“, sagte Rose. Auch Flüchtlinge müssten einen Anspruch auf Arbeit, Schule und auf medizinische Betreuung haben.
„Das Recht auf Straße wurde uns verweigert“, kritisierte eine Sprecherin aus dem Bambulewagen. Der Bauwagenplatz Bambule war 2001 vom Schwarz-Schill-Senat geräumt worden.
Die Parade durfte ihre angemeldet Route über Einkaufstraßen wie Jungfernstieg und Neuen Wall nicht gehen. Die Polizei hatte eine geheime Staatschutzanalyse erstellt, wonach 400 Autonome, – die eigentlich beim Klima-Gipfel in Kopenhagen sein müssten – die Parade zu Krawallen nutzen wollten. Das Verwaltungsgericht sattelte noch mal drauf, indem es in Formulierungen wie „wir sind wütend und tanzen Walzer“ Gewaltszenarien hinein interpretierte.
Das Oberverwaltungsgericht modifizierte die Begründung, nahm allerdings ein bengalisches Feuer bei der Demonstration vor zwei Wochen zum Anlass, das Routenverbot zu bestätigen. Die Demonstration zog deshalb auf einer neuen Route nach Altona zum Frappant-Gebäude, wo Ikea bauen will. Gleichzeitig demonstrierten Bambule-Sympathisanten unangemeldet auf der Reeperbahn.
Demo-Anmelder Marc Meyer kündigte an, die polizeilich-juristischen Hindernisse im Hautptsacheverfahren vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen.