Martin Eder im Dresdener Lepsiusbau: Yes, Kitsch can
Die Dresdener Ausstellung mit Bildern von Martin Eder ist grandios - und der vollendete Horror. Bei seinen Gemälden muss man sogleich an Kaufhausmalerei denken.
Auf den in tiefes Schwarz getauchten Wänden glühen die Gemälde in der Aureole der Lichtspots regelrecht auf. Opulente Malerei, bombastisch inszeniert, umspült von gepflegt-technoidem Ambientesound: Die von den staatlichen Kunstsammlungen Dresden im Lipsius Bau ausgerichtete Einzelausstellung von Martin Eder (bis 26. April) ist grandios, absolut gelungen - und der vollendete Horror.
Denn das Werk von Martin Eder, der noch vor wenigen Jahren, eine Tür weiter, an der Kunstakademie studierte, besteht - so scheint es auf den ersten Blick - vor allem aus allerlei Hündchen und flauschigen, süßen Kätzchen im Blumengrund und Schulmädchen, die ganz wie bei Balthus, ihre kurzen Röckchen heben.
Also kriegt man das Wort Kaufhausmalerei einfach nicht aus dem Kopf, obwohl man sich bewusst ist, dass Martin Eder mit seiner Malerei eben noch immer dem traditionellen Avantgarde-Vergnügen an Schock und Provokation frönt. Er will, wie er bekennt, "die Welt mit Bildern ärgern" - einem heutzutage, wie man zugeben muss, ziemlich schwierigen Unterfangen.
Dafür muss man sich schon was einfallen lassen. Eder setzt auf das postmoderne Pasticcio, und führt auf reichlich verdrehte, doch sehr gekonnte Art und Weise die schwüle Erotik der surrealistischen Malerei von Max Ernst oder Dalí, die neusachlich inszenierte Kinderschänderei eines Balthus oder den Verismus eines Otto Dix mit dem aktuellen popkulturellen Medienkitsch zusammen. Es versteht sich von selbst, dass im Hintergrund auch Tizian oder Rubens Pate stehen.
Nur allzu leicht kann man sich also vorstellen, wie die Sammler, die auf die Ölschinken stehen, in denen der Amerikaner John Currin die kanonisierte Erotik der abendländischen Malerei zur pornografischen Kenntlichkeit entstellt, sich auch mit Bildern von Eder wohlfühlen.
Doch einfach so scheußlich, dass sie schon wieder gut sind, das sind Eders Bilder auch nicht. Sie kommen nicht so harmlos daher wie Currins derbe Bombshells, die dem Kunstmarkt recht geben, der sagt, erlaubt ist, was gefällt. Eders Bilder sind einen Tick gemeiner und geben damit den Erfolgshandwerkern von Manufactum (beinahe) recht: Es gibt sie noch, die peinlichen Dinge. Kunst, die einen in Verlegenheit bringt. Wofür es heute weiß Gott mehr braucht als nur Pornografie.
Dafür braucht es vielmehr den nach Kaufhausmalerei müffelnden Symbolismus der bedeutungsschwangeren Settings, in die Eder seine allzu nackten Nymphen und seine allzu plüschigen Schmusetiere platziert; dazu braucht es die Maßstabsvergrößerungen, die mit Kitsch immer einhergehen, die mannshohen Flöhe, bei deren Anblick wir unwillkürlich an der schmerzhaft juckenden Stelle zu kratzen beginnen, die wir als unsere Phobie erkennen, Stellung zu beziehen; zu sagen, das geht nun doch über unsere Hutschnur. Ärgerlich.
Martin Eder, "Der dunkle Grund", Ausstellung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Kusthalle im Lipsiusbau, bis 26. April 2009
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