Umweltgesetze: Resteverwertung durch die Regierung

Nach dem Scheitern des Umweltgesetzbuchs wird klar, wie viel Kompromissbereitschaft Umweltministerium und Naturschützer für das Sammelwerk aufgebracht hatten.

Jede zweite einheimische Vogelart ist wegen der Zerstörung des Grünlandes gefährdet. Bild: dpa

Resteverwertung - mehr war die Verabschiedung von Bundesnaturschutzgesetz und Wasserhaushaltsgesetz am gestrigen Mittwoch im Kabinett nicht. Denn auf das ursprüngliche Umweltgesetzbuch hatte sich die Koalition nicht einigen wollen. "Mit den Einzelgesetzen ziehen wir die Konsequenzen aus dem Scheitern des Umweltgesetzbuchs, gegen das sich die Union sperrt", sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD).

Mittlerweile ist jede zweite einheimische Vogelart gefährdet. Der Grund: Es gibt immer weniger Grünland, Bauern pflügen es um, vernichten so den Lebensraum. Sie brauchten Hilfe - und einen strikten Schutz, sagt Naturschutzexperte Magnus Herrmann vom Umweltverband Nabu. Die neuen Regelungen leisten das nicht, meint Herrmann: "Die Gesetze sind nicht das, was Natur und Landschaft brauchen." Das beschlossene Bundesnaturschutzgesetz falle sogar hinter das derzeit gültige zurück. Dafür hat der Naturschützer zwei Beispiele. "Bisher musste man die Dinge, die man kaputt macht, auch wieder reparieren." Investoren, die Flächen versiegeln lassen, müssen für diesen "Eingriff in den Naturhaushalt" einen Ausgleich schaffen. Diese Regel bleibt zwar im Grundsatz erhalten, es gibt aber eine Einschränkung, nach der "besonders auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen ist". Und dieser Satz könne immer wieder so ausgelegt werden, dass der Ausgleich unterbleibe, fürchtet Herrmann. Zweitens: Landwirte, so steht es bisher im Gesetz, müssen sich an die "gute fachliche Praxis" halten. Das ist so etwas wie ein Mindeststandard, um Umweltsünden zu vermeiden. In der neuen Fassung fehlt diese Vorgabe.

Beim Wasserhaushaltsgesetz seien die Änderungen nicht so gravierend. "Verärgert" ist Herrmann trotzdem. Er hätte sich mehr Schutz für Flüsse und Auen und gute Wasserqualität gewünscht.

Würde es das Umweltgesetzbuch geben, würde Herrmann jetzt nicht so schimpfen. Für das hatte er sogar entschieden gekämpft, obwohl die beiden Einzelgesetze zwei Kapitel daraus sind. Sie sind sogar genauso formuliert, allenfalls haben die federführenden Beamten aus dem Gabriel-Ministerium ein "-buch, durch ein "-gesetz" ersetzt.

Seinen Verdruss erklärt Hermann so: "Die Idee war gut, alle Umweltparagrafen in einem Gesetzbuch zu bündeln und die Standards des Bundes und aller 16 Länder zu vereinheitlichen." Dafür hätten auch Ökologen einiges in Kauf genommen. Aber die CSU hatte immer weitreichendere Änderungen gefordert, das Entgegenkommen des Umweltministers brachte nichts. Nun hoffen die Umweltschützer, dass das Gesetz bei den Lesungen im Parlament verbessert wird.

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