Landesparteitag der Hessen-CDU: Roland Koch abgewatscht

Die hessische Basis der CDU hat die Aufstellung der Landesliste zur Europawahl für eine Machtdemonstration gegenüber Ministerpräsident Roland Koch genutzt.

Roland Koch: Wollte sich bei der Listenaufstellung für die Europawahl raushalten, wurde aber indirekt angestraft. : dpa

MARBURG taz "Wir sind keine Volkshochschule!", mahnte Roland Koch die rund 300 Delegierten des 102. Landesparteitages am Sonnabend in Marburg schon in seiner Eröffnungsrede. Gerade von der hessischen CDU, deren Markenzeichen immer die Geschlossenheit gewesen sei, würden die Menschen Klarheit und Führung erwarten: "Streiten, diskutieren, entscheiden - und dann stehen alle dafür ein!" Doch dieses Mal verhallte der Appell des hessischen Partei- und Regierungschefs ungehört. Stattdessen berauschten sich die Delegierten an der Demontage ihrer Parteiführung.

Mit großer Mehrheit hat die hessische CDU-Basis die Aufstellung der Landesliste zur Europawahl für eine Machtdemonstration gegenüber der hessischen Parteispitze genutzt und damit Ministerpräsident Roland Koch persönlich abgewatscht. Allen Geschlossenheitsappellen des Parteichefs zum Trotz besetzten die Delegierten zwei der drei sicheren Listenplätze neu. In einer Kampfabstimmung unterlag der eigentlich als Spitzenkandidat vorgesehene Landtagsabgeordnete Clemens Reif, ein langjähriger Weggefährte Kochs, dem Europaabgeordneten Thomas Mann mit 83 gegen 235 Stimmen. Die für Platz drei vorgesehene nordhessische Kommunalpolitikerin Jutta Rüddenklau unterlag der früheren Staatssekretärin im hessischen Innenministerium Oda Scheibelhuber. Mann habe in Brüssel "einen tollen Job gemacht", sagte der scheidende Bundestagsabgeordnete Gerald Weiß. Dass er vom Wahlvorbereitungsausschuss nur für den aussichtslosen Listenplatz vier nominiert gewesen war, nannte Weiß "eine ungerechte Zurückstufung". Dies habe die Basis nun korrigiert.

Wann es das letzte Mal eine Kampfkandidatur bei der hessischen CDU gegeben hat, wussten selbst ältere Christdemokraten nicht zu sagen. Von einem "Denkzettel für Koch" sprachen anschließend Delegierte bei Kaffee und Mohnkuchen im Foyer. Es habe sich halt "viel angestaut, vor allem der Unmut über die nur knapp gewonnene Wahl und den Koalitionsverhandlungserfolg der FDP", hieß es. "Das musste jetzt raus."

Lediglich Kochs Personalvorschlag für den Posten des Generalsekretärs kam durch. Der Landtagsabgeordnete Peter Beuth (41) erhielt 93 Prozent der Delegiertenstimmen. Unumstritten war auch die Nominierung des Bundesverteidigungsministers Franz Josef Jung. Nahezu einstimmig wählte die Landespartei ihn erneut zum hessischen CDU-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl.

Koch selbst, dem schon bei seiner Wahl zum Ministerpräsidenten vier Abgeordnete aus den eigenen Reihen die Gefolgschaft versagt hatten, sprach von einer "demokratischen Entscheidung". Er habe sich bei der Kandidatenfindung bewusst "herausgehalten", sagte er, "weil ich doch mit allen Bewerbern befreundet bin und keinem wehtun wollte".

Mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst plädierte Koch für ein Bündnis mit der FDP. "Weniger Staat, weniger Steuern, mehr Zukunftstechnologien" - mit diesen Essentials müsse die CDU die nächsten Wahlkämpfe bestreiten, forderte Koch.

Einige Delegierte mutmaßten daraufhin, dass Koch in Berlin bald "mit führen" werde. "Das war doch schon seine Bewerbungsrede für das Bundesfinanzministerium", vermutete ein Frankfurter Delegierter.

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