Noch mehr Hilfe: IG Metall will weiteres Konjunkturpaket

Ein Aktionsplan der Gewerkschaft fordert 100-Milliarden-Rettungsschirm für bedrohte Unternehmen, der von Vermögenden aufgebracht werden soll.

Will reiche Deutsche zur Kasse bitten: IG-Metall-Chef Huber. Bild: reuters

FRANKFURT/MAIN taz Einen "Systeminfarkt von historischer Dimension" hat der Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber, der Weltwirtschaft diagnostiziert. Überwunden werden könne dieser nur mit grundlegenden Veränderung der Strukturen in Wirtschaft und Gesellschaft. Entsprechende Therapievorschläge stellten Huber und sein Stellvertreter Detlef Wetzel am Dienstag in Frankfurt vor: einen "Aktionsplan zur Krisenbewältigung".

Als Sofortmaßnahme zur Vermeidung von Entlassungen schlagen die Gewerkschafter das Aufspannen eines "Rettungsschirms für Unternehmen" in Gestalt eines mit 100 Milliarden Euro ausgestatteten Beteiligungsfonds vor. "Die industrielle Kernkompetenz Deutschlands muss erhalten werden, unabhängig davon, welcher Markenname draufsteht, und unabhängig davon, wie groß das Unternehmen ist", sagte Huber. Finanziert werden soll der Fonds über eine Zwangsanleihe - also einen verpflichtenden Kredit an den Staat - für alle Deutschen mit einem Vermögen von 750.000 Euro. Dieser soll 15 Jahre laufen und mit dem EZB-Zinssatz (derzeit 1,5 Prozent) verzinst werden.

Um die Nachfrageschwäche in der nahen Zukunft abzumildern und die Produktion in den Fabriken zu fördern, müsse die Bundesregierung ein weiteres Konjunkturpaket vorbereiten, fordert Huber. Kurzfristig sollen die Abwrackprämie auf das gesamte Jahr 2009 ausgedehnt und die Finanzierung dafür garantiert werden. Die Politik sei kein Zaungast der Krise, sondern müsse agieren, mahnte Huber.

Daneben forderte der IG-Metall-Vorsitzende eine Änderung des Insolvenzrechts. Erstes Ziel müsse künftig die Fortführung des Unternehmens sein und nicht länger die Befriedigung der Gläubiger. In der Krise gehe es vor allem darum, "Unternehmen am Leben zu erhalten und die Arbeitsplätze zu retten".

Ein zweiter Maßnahmenkatalog der Gewerkschaft befasst sich mit der Demokratisierung der Wirtschaft. Hier fordert die IG Metall eine Änderung des Aktienrechts. Eine Verpflichtung auf das Wohl der Arbeitnehmer und der Allgemeinheit soll gleichrangig neben die Verpflichtung auf das Wohl der Anteilseigner gestellt werden. Und in jedem Betrieb mit über 200 Beschäftigten müsse künftig die Unternehmensmitbestimmung greifen - unabhängig von der Rechtsform.

Weitere Forderungen des Aktionsplans sind neue Regeln für die Finanzmärkte und eine Stärkung der Banken- und Finanzmarktaufsicht. Daneben fordert die IG Metall eine gerechtere Verteilung der Krisenlasten: "Spitzeneinkommen müssen höher besteuert werden, mittlere und niedrige Einkommen dagegen entlastet werden", sagte Huber.

Detlef Wetzel stellte danach den "Frankfurter Appell" der IG Metall vor, der sich "an Akteure in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft" richtet. Die Abgeordneten des Bundestages etwa werden darin aufgefordert, einen "Untersuchungsausschuss Finanzmarktkrise" einzurichten, und die Bankenvorstände, "sich bei den Menschen für Ihr Handeln zu entschuldigen". An die Vorstände von Konzernen wird appelliert, Lehren aus der "gefährlichen Shareholder-Orientierung" zu ziehen.

KPK, SPS

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