Trend semantische Technologien: Besser Suchen ohne Google

Die "Financial Times" hat eine eigene Suchmaschine für Wirtschaftsinformationen gestartet, die deutlich mehr Funktionen bietet als der Onlineriese Google.

Das "Nachrichtensieb" Newssift der Financial Times macht Google Konkurrenz. Bild: screenshot/newssift.com

Ist die Suchleiste der großen Suchmaschine wirklich das Ende der Fahnenstange, wenn man nach Inhalten im Internet sucht? Diverse junge und ältere Firmen glauben: Nein. Sie versuchen, Google mit neuen Technologien zu überholen, die Funktionen bieten, die der Onlineriese bislang nicht besitzt.

Jüngstes Beispiel ist "Newssift", ein Suchangebot für Wirtschaftsinformationen, das eine Tochter des Londoner Finanzblattes "Financial Times" gegründet hat. Es ist werbefinanziert und soll Neuigkeiten und Basisdaten zu Firmen, Weltregionen oder Wirtschaftsbereichen leicht verständlich aufbereiten. Dazu bedient sich das Angebot so genannten semantischen Technologien, die Texte im Web nicht nur mechanisch erfassen, sondern auch inhaltlich "verstehen" können. Sucht man etwa nach einer Firma, lassen sich durchsuchte Quellen, Einordnung oder Region nachträglich festlegen. Heraus kommt dann eine Liste mit relevanten Links, aber auch weiteren Kontextinformationen, die ein Beziehungsgeflecht offenlegen.

Auch bei Google laufen und liefen Versuche, semantische Technologien einzuführen. Bislang gehen diese allerdings über einen Testbetrieb innerhalb des so genannten Laborbereichs, für den man sich speziell anmelden muss, nicht hinaus. Ein Experiment namens "Alternative Ansichten für Suchergebnisse" liefert dort beispielsweise die Möglichkeit, Internet-Inhalte anhand einer Zeitlinie, einer Karte oder diversen Kontextinformationen zu sortieren. Das funktioniert bei bestimmten Suchbegriffen gut, bei anderen weniger. Schon offiziell "live" ist hingegen das so genannte SearchWiki - hier können angemeldete Nutzer ihre Ergebnislisten nachträglich selbst verändern und nach eigenem Geschmack in der Reihenfolge anpassen sowie mit Notizen versehen.

Deutlich aktiver als der Marktführer ist Microsoft, aktuelle Nummer drei hinter Yahoo im Suchmaschinenmarkt. Dort hat man im vergangenen Sommer für einen geschätzten dreistelligen Millionenbetrag den auf semantische Technologien spezialisierten Anbieter Powerset aus San Francisco übernommen. Dieser arbeitete an einer Suchmaschine, die man mit natürlicher Sprache füttern konnte. Aus der Übernahme soll in diesem oder nächsten Jahr ein neues Microsoft-Angebot werden, das intern den Namen "Kumo" trägt. Ein Design aus drei Spalten soll dabei ein schnelles Umschalten zwischen verschiedenen Ergebnisarten ermöglichen. Wer nach einem Hifi-Produkt sucht, erhält so beispielsweise Kategorien wie Bilder, Tests, Handbücher und Preise angezeigt und kann sich so durch verschiedene Informationsarten klicken. Will der Nutzer mehr über eine Sängerin erfahren, wird auch dies angepasst: Kumo soll dann automatisch Kategorien wie Alben, Künstlerbiografie oder Ticketkauf generieren. Die Suchmaschine erfasst nicht nur Texte, sondern soll auch deren Konzepte verstehen.

In Europa versucht man sich ebenfalls an semantischen Technologien. Weit gekommen ist man dabei allerdings bislang noch nicht. So scheiterte das mit hohen Staatsmitteln finanzierte deutsch-französische Projekt "Quaero" 2006 zunächst an Fragen der Ausrichtung - während die Franzosen gerne ein echtes Produkt aufbauen wollten, interessierten sich die Deutschen stark für Grundlagenforschung. Inzwischen wurden aus einem Großvorhaben zwei: Während man in Frankreich weiter an einer Google-Alternative bastelt, widmet sich das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte "Quaero"-Nachfolgeprojekt "Theseus" dem so genannten Internet der Dienste. Dabei geht es nur noch zum Teil um den Suchbereich; mit Hilfe semantischer Technologien werden aber zumindest unter anderem Bibliotheksbestände verfügbar gemacht.

Unterdessen ergeben sich auch in anderen Bereichen Angriffspunkte auf Google. So erfasst der Internet-Konzern Echtzeitkommunikation beispielsweise noch nicht. Der US-Autor John Battelle, der ein Standardwerk über Googles Aufstieg geschrieben hat, glaubt aber, das genau hier die Zukunft liegt: "search.twitter.com", die Suchmaschine des boomenden 140-Zeichen-Kommunikationsdienstes Twitter, verzeichnet in den letzten Monaten enorme Zuwachsraten. Da dort stets aktuell debattiert wird, kann man sich mit wenigen Klicks informieren, was Nutzer derzeit bewegt. Battelle sieht darin die aktuell wichtigste neue Suchart im Internet. "Aus diesem Grund wird Google Twitter unbedingt kaufen wollen", meint er. Entsprechende Avancen sollen die Gründer des Dienstes bislang allerdings abgelehnt haben.

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