Kommentar Bahn-Führung: Weiter in Richtung Weltkonzern

Die Bundesregierung vergibt die Chance auf eine Neuausrichtung der Bahn. Die Chance, den personellen Neuanfang für eine Diskussion über die Aufgaben der Bahn zu nutzen, lässt sie verstreichen.

Ein langjähriger Auto- und Luftverkehrs- und Rüstungsmanager an der Spitze der Bahn: Nicht nur symbolisch ist die Entscheidung der Bundesregierung für Rüdiger Grube als Nachfolger von Hartmut Mehdorn befremdlich. Auch inhaltlich deutet nichts darauf hin, dass diese Personalentscheidung einen Kurswechsel bei der Bahn einleitet.

Dabei wäre das dringend notwendig. Unter Hartmut Mehdorn hat sich die Bahn von einem deutschen Schienenunternehmen zu einem globalen Logistikkonzern gewandelt. Doch die Argumentation, dass das Betreiben von Lagerhäusern in Japan und Güterbahnen in Nordamerika notwendig ist, um in Mitteleuropa als Bahn erfolgreich zu sein, hat sich nie bestätigt. Auch nach zehn Jahren Expansionspolitik unter Mehdorn macht die Bahn den Großteil ihrer Gewinne mit dem deutschen Schienennetz und dem Nahverkehr - beides übrigens Bereiche, die massiv vom Staat unterstützt werden. Der vermeintliche Heilsbringer Logistik, der schon bisher nur wenig zum Ergebnis beiträgt, könnte sich in der Wirtschaftskrise hingegen zur echten Belastung entwickeln.

Doch vor der Frage der notwendigen Neuausrichtung der Unternehmenspolitik drückt sich die Bundesregierung. Die politische Debatte zur Bahn beschränkte sich lange auf das Für und Wider der Teilprivatisierung. Inhaltliche Strategien und Vorgaben für die Ausrichtung der Bahn gab es nicht.

Die Chance, den personellen Neuanfang auch für eine breite Diskussion über die Aufgaben der Bahn zu nutzen, lässt die Regierung nun ebenfalls verstreichen. Nach allem, was bisher über ihn bekannt ist, steht Gruber für den bisherigen Kurs: Er hat daran mitgearbeitet, Daimler zum - später gescheiterten - Weltkonzern DaimlerChrysler umzubauen. Seine Erfahrungen mit der Bahn beschränken sich hingegen offenbar auf eine langjährige Freundschaft zu Hartmut Mehdorn, dessen Assistent er früher bei Airbus war.

Sicher muss man als DB-Chef nicht aus einer Eisenbahnerfamilie stammen. Dass Kompetenz in Sachen Bahn aber überhaupt kein Kriterium war, sagt viel darüber aus, welch geringe Bedeutung die Regierung der Bahn als ökologisches Verkehrsmittel zuweist. MALTE KREUTZFELDT

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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