Gegen „linken Terror“

JUSTIZ Bundesanwaltschaft ermittelt nach Angriff auf Polizeiwache wegen Mordversuchs und schwerer Brandstiftung. Die Tat habe „terroristischen Charakter“

„Polizisten als Funktionsträger sollten verunsichert werden“

AUS KARLSRUHE CHRISTIAN RATH

Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen zehn unbekannte Hamburger Linksradikale wegen „versuchtem Mord“ und anderen schweren Vorwürfen. Die Gruppe hatte Anfang Dezember eine Polizeiwache in Hamburg-Altona angegriffen. Mit der Übernahme der Ermittlungen will die Karlsruher Behörde zeigen, wie ernst sie die Attacke nimmt. Es handele sich um die „Spitze der Eskalation linksextremer und linksterroristischer Gewalt“, sagte Rainer Griesbaum, Abteilungsleiter Terrorismus bei der Bundesanwaltschaft.

Vor zwei Wochen war die Polizeiwache in der Hamburger Lerchenstraße nachts gegen elf Uhr attackiert worden. Nach Darstellung von Griesbaum wurde zunächst der Eingang verriegelt. Dann wurde mit 1,5-Liter-Flaschen voll Benzin ein Müllcontainer in Brand gesteckt. Dieser Container sei in die Garage der Wache geschoben worden, um damit mehrere Polizeifahrzeuge in Brand zu setzen. Ein Polizist, der sich in der Garage aufhielt und versuchte, das Rolltor zu schließen, sei dabei mit faustgroßen Steinen beworfen worden. Am Ende sei ein Fahrzeug vollständig ausgebrannt.

Zu der Tat bekannte sich eine bisher unbekannte Gruppe namens „Koukoulofori“ (griechisch, „die Vermummten“). Man habe die Fahrzeuge in Brand gesteckt, um an den Tod eines jungen griechischen Demonstranten vor einem Jahr zu erinnern, zitierte Griesbaum.

Die Bundesanwaltschaft sieht in diesem Angriff sowohl den Versuch einer besonders schweren Brandstiftung als auch versuchten Mord. Indem die Eingangstür der Wache verbarrikadiert wurde, habe man sicherstellen wollen, dass die Polizisten in dem Gebäude bleiben, sagte Griesbaum. Die Wache habe durch die Flammen in der integrierten Garage Feuer fangen können. Einem Passanten habe man gesagt, er solle verschwinden, „wenn ihm sein Leben lieb ist“. Als Mordmerkmal benannte der Terrorermittler die Tatausführung mit einem „gemeingefährlichen Mittel“. Die Tat selbst habe zwar terroristischen Charakter, so Griesbaum, die ausführende Gruppe werde aber „noch nicht“ als terroristische Vereinigung eingestuft. Vermutlich fehlt der Bundesanwaltschaft der Nachweis einer gewissen Dauerhaftigkeit.

Dennoch will die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen zusammen mit dem Landeskriminalamt Hamburg übernehmen. Dies ist laut Gesetz möglich, wenn die Tat „bestimmt und geeignet“ ist, die innere Sicherheit zu beeinträchtigen. Dies sei der Fall, argumentierte der Terror-Ermittler, weil hier Polizisten als „Funktionsträger des Staates“ verunsichert werden sollen. Die Beamten seien in ungeschütztem Zustand auf ihrer Wache angegriffen worden, wo sie nicht mit einer Attacke rechneten.

Obwohl die Koukoulofori-Gruppe als Ziel nur das Abbrennen der Autos genannt hatte, sieht die Bundesanwaltschaft in dem Angriff einen Beleg dafür, dass Linksradikale jetzt von der Gewalt gegen Sachen zur Gewalt gegen Personen übergehen.