Fernsehmesse MipTV in Cannes: Lieber billig kaufen als selber machen

Auf der Fernsehmesse MipTV in Cannes laufen Ideen nicht so gut. Fertigprodukte und Koproduktionen kommen bei den Sendern besser an - auch bei US-Produzenten.

Hinter diesen Türen wurden auf der MipTV Schimanski-Filme, Cobra11-Serien oder Tatort-Folgen weiterverkauft. Bild: reuters

"Experimente sind zurzeit von den Sendern nicht zu erwarten": Oliver Fuchs von Eyeworks Deutschland hat es schwer auf der MipTV in Cannes. Er will neue Ideen und Projekte verkaufen, wie so viele Produzenten. Doch überall setzen kommerzielle Sender auf Altbewährtes und Wiederholungen. Mittlerweile werden sogar alte Dokusoaps und Shows reaktiviert, um Kosten zu sparen. Die omnipräsente Krise hat alle im Griff.

Doch trotz der finanziellen Engpässe hielten die Messe-Veranstalter auch in diesem Jahr an den hohen Preisen für Aussteller fest. Ergebnis: rund 15 Prozent weniger Teilnehmer als im Vorjahr. Auch der US-Entertainmentgigant Warner Bros. hat auf seinen Messeauftritt verzichtet - und damit einen siebenstelligen Eurobetrag eingespart.

Für alle, die bereits produzierte Fernsehprogramme verkaufen wollen, ist die derzeitige Situation jedoch nicht schlecht. Denn kaufen ist billiger als selber machen. "Die Finanzkrise führt aktuell dazu, dass viele Sender mehr Programm lizenzieren, als es selbst zu produzieren", stellt die Geschäftsführerin der ARD-Vertriebstochter "German United Distributors", Silke Spahr, fest. Sie freut sich, dass die Messe trotz der Finanzkrise für ihren Vertrieb gut gelaufen ist: 15 Schimanski-Folgen wurden nach Belgien verkauft, und auch die Dokumentation "Der große Rausch" über skrupellose Finanzpraktiken fand Abnehmer in ganz Europa.

Egal ob "Tatort"-Folgen, die an chinesische Sender gehen, der Fernsehfilm "Mogadischu", der bei STV in Schweden Anklang fand, oder eine "Cobra 11"-Staffel, die nach Spanien verkauft wurde, deutsche Serien und Filme laufen nicht schlecht. Das hat in Cannes auch noch einmal eine Studie des internationalen Produzentenverbandes Frapa bestätigt: Der deutsche Formatexport hat sich demnach in den letzten Jahren vervierfacht. Zwischen 2006 und 2008 wurden 52 Produktionen in 20 Ländern gezeigt, die auf deutsche Formate zurückgingen.

Doch es könnte bald an Programmware zum Feilbieten mangeln: Die deutschen Sender erwarten für 2009 einen deutlichen Rückgang der Werbeeinnahmen und werden besonders bei der Produktion neuer Filme und Formate sparen - obwohl sie auf Programm-Highlights nicht verzichten können. Daher, so die Einschätzung des Geschäftsführers von Beta Film, Dirk Schürhoff, "werden die Länder noch mehr zusammenarbeiten müssen, um große Projekte zu stemmen". Interessant dabei: Angloamerikanische Produzenten, die sich noch bis vor Kurzem kaum für europäische Partner interessiert haben, sind nun offener. Beta etwa plant das Projekt "Die Borgias", an dem sich renommierte US-Produzenten beteiligen, und die Münchner Tandem Communications konnte kurz vor der Messe das Katastrophendrama "Impact" an den US-Sender ABC verkaufen. Lisa Pierce von Tandem ist sich sicher: "Jetzt ist eine gute Zeit, um den US-Markt zu erreichen." Das glaubt auch Bavaria-Chef Achim Rohnke: "Der US-Markt öffnet sich."

Möglicherweise hat das Land Nordrhein-Westfalen also gutes Timing bewiesen, jetzt auf der Mip eine Initiative mit der International Academy of Television auf den Weg zu bringen: Am Rande der jährlichen Emmy-Verleihung sollen deutsche und amerikanische Sendervertreter zukünftig miteinander bekannt gemacht werden. Der Kölner Produzent und Academy-Botschafter Leopold Hoesch, der an den Vorbereitungen beteiligt war, prognostiziert, dass "Produzenten und Sender dort beste Voraussetzungen für Geschäftsanbahnungen mit den Amerikanern vorfinden werden, das ist gut für NRW und Deutschland."

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