Krimi als Buch und in "Second Life": Sterben in 3D
Im neuen Krimi von Ingrid Schmitz ermittelt eine Detektivin nicht nur im "Second Life". Die Leser selbst können mit den Figuren des Romans in der virtuellen Welt Gespräche führen.
Mit ihrem neuen Kriminalroman „2 Leben – 1 Tod“ (Droste Verlag, Düsseldorf, 2009) betritt Ingrid Schmitz Neuland. In einer Mischung aus virtueller Realität und literarischer Fiktion kann der Leser Figuren der Handlung in der dauerhaft bestehenden 3-D-Umgebung „Second Life“ persönlich kennenlernen, mit ihnen Gespräche führen und auch Schauplätze des Romans virtuell begutachten.
Die Story vereinigt in sich bereits zwei Realitätsebenen: Hobby-Detektivin Mia Magaloff spürt darin einem Todesfall nach, der sich in der virtuellen Welt „Second Life“ ereignet hat und ermittelt in der Folge sowohl innerhalb der 3-D-Animation als auch in der „Realität“ der Handlung. Der Ansatz des Spieles mit Fiktion und Realität innerhalb einer erdachten Geschichte ist nicht neu – beispielsweise Tad Williams hat diesen bereits in seiner vierteiligen Saga „Otherland“ ausgiebig praktiziert und bis zur Perfektion ausgefeilt.
Interessant und innovativ ist jedoch zweierlei – erstens gibt es die künstliche Welt „Second Life“ seit 2003 tatsächlich und zweitens haben die Autorin und ihr Verlag innerhalb dieses computergenerierten Kosmos den Schauplätzen und Figuren des Romans eine virtuelle Gestalt verliehen, die den realen Teilnehmern im SL sogar Gespräche mit den fiktiven Figuren und Besichtigungstouren möglich macht.
Die Innovation behält jedoch rein illustrierenden Charakter, die Besuche und virtuellen Rundgänge machen die Handlung für den Leser zwar tendenziell plastischer als die reine Lektüre, ein aktives Eingreifen in die Handlung ist jedoch auch innerhalb eines SL-Besuchs nicht möglich.
Faszinierend bleibt dieser Vorstoß in den verwirrenden Mix aus Wahrheit und Fake jedoch allemal, das prinzipielle Verständnis von Realität wird kaleidoskopartig auf mehreren Ebenen gespiegelt, gebrochen und neu zusammengesetzt.
Für Ingrid Schmitz hat das Spiel mit der virtuellen Realität jedenfalls schlussendlich zum Erfolg geführt – seit 2006 selber aktive Teilnehmerin an „Second Life“, eröffnete sie dort einst als „Avatar“ (so die Bezeichnung für ein detailliertes digitales alter ego der Teilnehmer des SL) Sameja Lomba einen virtuellen Buchladen, bot darin einen Kurzkrimi zum Verkauf an und erlangte so bald Popularität in beiden Welten.
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