Notwendige Mühsal

Hamburger Notruf für vergewaltigte Frauen wird 25 Jahre alt. Pro Jahr melden sich 300 betroffene Frauen, die Finanzsituation ist weiterhin prekär

von Kaija Kutter

Der 1980 von zehn Hamburgerinnen gegründete „Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen“ feiert morgen sein 25-jähriges Bestehen. Was zunächst nur ehrenamtlich mit einem einzelnen Telefon begann, wurde Ende der 80er Jahre zu einer professionellen Beratungsstelle, die gleichwohl bis heute um ihre Finanzen ringen muss.

„Sehr schwer“ sei das Betteln um Gelder, sagt Gudrun Ortmann, Diplompädagogin und dienstälteste Mitarbeiterin des „Notrufs“. Zwei ganze und eine dreiviertel Stelle zahlt die Stadt. Je 16 Stunden für eine vierte und fünfte Kollegin sowie 30.000 Euro an Sachmittelkosten müssen Jahr für Jahr von Spenden bezahlt werden. Nötig wären für eine Stadt wie Hamburg aber sechs ganze Beraterinnenstellen. Denn in den zweieinhalb Jahrzehnten ist die Zahl von Vergewaltigungen und sexuellen Nötigungen leider nicht geringer geworden: Pro Jahr werden in Hamburg 500 Anzeigen erstattet, die Dunkelziffer dürfte das Fünf- bis Zehnfache betragen.

Rund 300 Frauen wenden sich in jedem Jahr erstmals an den Notruf. Darunter, so Ortmann, gebe es gehäuft junge Frauen und schwere Fälle, „bis hin zur Folter“. Die fünf Mitarbeiterinnen, darunter eine Psychologin, eine Sozialpädagogin und zwei Soziologinnen, führen im Jahr 2.800 telefonische und persönliche Beratungsgespräche – Tendenz steigend. Die Zahl der persönlichen Beratungen hat sich seit 2000 nahezu verdoppelt.

Wohl auch, weil „Notruf“ einiges unternahm, um das Thema zu enttabuisieren: So sollten 2001 für eine Kampagne 2001 Männer gefunden werden, die sich öffentlich gegen diese Tat stellen und den Satz „Vergewaltigung ist ein Verbrechen. Zu jeder Zeit. An jedem Ort“ unterschreiben. Die Aktion wurde von zahlreichen Prominenten – vom Polizeipräsidenten bis zu Vitali Klitschko – unterstützt, trotzdem fanden sich nur 700 Unterzeichner. Peinlich: Zu gleichen Zeit kamen bei einem Aufruf der Handelskammer gegen Rechtsextremismus immerhin 10.000 Unterschriften zusammen.

Beim Unterschriftensammeln „gab es immer Diskussionen“, erinnert sich „Notruf“-Mitarbeiterin Sibylle Ruschmeier. Es sei halt „kein schönes Thema“. Doch „qualitativ“, resümiert Ortmann, sei die Kampagne ein Erfolg gewesen. Es bildete sich ein Netzwerk aus Prominenten wie den Schauspielerinnen Nina Petri und Barbara Auer, mit deren Hilfe 2003 und 2004 eine Lesereihe auf die Beine gestellt wurde.

Und für die morgen beginnende Aktionswoche (siehe Kasten), übernimmt Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) die Schirmherrschaft. Ihre Behörde war es auch, die soeben mit einer großzügigen Überweisung von „Restmitteln“ die „Notruf“-Finanzen für 2005 rettete. Es sei aber, so Ruschmeier, auch für die Beratungsarbeit „mühsam“, allmonatlich nicht zu wissen, wie es finanziell weitergeht.

In der Regel brauchten die Opfer „ein bis anderhalb Jahre“ um die Tat zu verarbeiten – wenn sie ein gutes soziales Umfeld haben. Ruschmeier: „Es gibt aber auch Frauen, die brauchen mehr Unterstützung, weil sie in eine Spirale nach unten geraten.“

NOTRUF für vergewaltigte Frauen und Mädchen e. V., ☎ 25 55 66, www.frauennotruf-hamburg.de