neu im kino
: Diese Woche frisch

89 MILLIMETER: Filmkunst 66, Hackesche Höfe, Krokodil, Thalia Potsdam L’ENFANT: Filmkunst 66, fsk, Hackesche Höfe, Kino Kulturbrauerei, Thalia Potsdam, Yorck

89 Millimeter

D 2005, Regie: Sebastian Heinzel. 77 Min.

Wie leben junge Menschen in Weißrussland, einer Diktatur inmitten Europas? Wie fühlt sich der Alltag an in einem Land, das, kaum war es unabhängig, wieder der sowjetischen Vergangenheit verfiel? Sebastian Heinzel hat sich auf Spurensuche begeben. Mit fast kindlicher Neugier lässt er sich und die Zuschauer treiben und die Kamera laufen. Sechs Menschen zwischen 20 und 25 Jahren kommen zu Wort. Der unverstellte Blick des Regisseurs ermöglicht bisweilen intime Einblicke in das Denken und Fühlen der Protagonisten. Das ist die Stärke des Films, und zugleich seine Schwäche. Denn vieles bleibt oberflächlich – Momentaufnahmen, die ein Bild mit vielen Leerstellen entstehen lassen.

L’enfant

F/B 2005, Jean-Pierre & Luc Dardenne. 95 Min.

Bruno und Sonia, kaum volljährig, aber eben Eltern geworden. Bruno hält sich als Kleinganove über Wasser und sagt: „Arbeiten ist was für Arschlöcher.“ Sonia prallt schon in der ersten Szene des Films von der Tür zur eigenen Wohnung ab. Während sie im Krankenhaus Jimmy zur Welt brachte, hat sie Bruno untervermietet. Gleich die erste Szene markiert mithin ein Schlüsselmotiv im Oeuvre der Brüder Dardenne: Um Zugang ringt die Figur; doch er bleibt ihr verwehrt. Doch halten die Regisseure nichts davon, die Figuren unter das Joch allumfassenden Unglücks zu zwängen. „L’enfant“ sperrt seine Protagonisten nicht in ihrem Elend ein, er lässt ihnen kleine Fluchten. Das ist außergewöhnlich im gegenwärtigen Kino. Denn wer sich randständiger Figuren annimmt – was ohnehin nicht viele Regisseure tun –, legt dabei bisweilen eine fast sadistischen Lust an den Tag, ihnen jeden Ausweg zu nehmen.