Aus dem Liebesleben der Wildschweine

Im Schwarzwald haust, bei Badenweiler,Ein kapitaler alter Keiler.

Er streift allein durch Feld und Forst, Sein Name aber lautet: Horst.

Der Keiler Horst hat zwei Int’ressen: Am Tage schlafen, nächtens fressen.

Doch naht im Herbst die Brunft des Schweins,Dann will der Keiler nur noch eins:

Ihr ahnt es schon? Na klar! Genau! Der Keiler Horst will eine Sau.

Er will sie, und er will sie bald; Sein Liebesschrei hallt durch den Wald.

Das klingt nicht schön und nicht subtil, Doch Anmut ist auch nicht sein Ziel;

Des Keilers Botschaft ist recht schlicht; Sie lautet (glaubt es oder nicht):

„Ihr süßen Sauen, drallen Bachen, Kommt her, dann lassen wir es krachen!

Ich will euch haben, euch besitzen, Ich bringe euch gekonnt ins Schwitzen,

Ich will euch sehen, riechen, schmecken,Will unterm Bürzel euch belecken,

Ich will euch in die Nesseln jagen Vielleicht auch mal in Fesseln schlagen?

Ich will’s im Schlammbad mit euch treiben,Will meinen Leib an eurem reiben,

Will euch beschlagen, euch bespringen, Euch ranzen, rollen, in euch dringen,

Will euch mit Keilerkraft betören, Will euer schrilles Quieken hören,

Ich will euch sanft ermatten sehen Und will mit euch vor Lust vergehen.“

So ruft auch heuer Horst, der Keiler; Er wird allmählich heiser, weil er

Seit mancher Nacht vergeblich röhrt; Noch hat ihn keine Sau erhört.

Doch plötzlich, eines Morgens früh, Am Waldesrand, erblickt er sie:

O Wonne, sie nur anzuschauen: Vanessa, lieblichste der Sauen!

Dies Weib ist schlicht gebenedeit. Und erst ihr knappes Borstenkleid!

Starr steht und stumm der starke Keiler; Sein Puls schnellt hoch, sein Blick wird geiler.

Wo gab es je solch holdes Schwein? Horst weiß nur eins: Die muss es sein.

Er stürmt im Schweinsgalopp herbei Und spricht Vanessa an: „Äh, hi!

Ich bin der Horst – und wollte fragen, Äh, also... quasi...sozusagen,

Wo heut die Sonne so schön scheint, Ob du... äh... Sie und ich... vereint...

Zu zweit... anstatt hier rumzustehen...Wir könnten doch ins Kino gehen...

Und hinterher... eventuell...Ein Eis zusammen essen, gell?

Das passt heut’ schlecht? Na ja, egal. Dann tschüss! Vielleicht ein andermal.“

Christian Maintz