die wahrheit: Zum Kuckuck mit dem Festival

Die spinnen, die Kelten. Am 1. Mai feiern sie Bealtaine, den Sommeranfang. Das Wort bedeutet "das Feuer des Belinus", des Gottes des Lichts...

Die spinnen, die Kelten. Am 1. Mai feiern sie Bealtaine, den Sommeranfang. Das Wort bedeutet "das Feuer des Belinus", des Gottes des Lichts. Und ein Feuer muss man im Kamin auch anzünden, denn draußen regnet und stürmt es. Nach dem alten Kalender würde Bealtaine erst heute beginnen, aber in Kinvara, einem Fischerdorf an der irischen Westküste mit einem halben Dutzend Kneipen, haben sie den Sommeranfang bereits vorvergangenes Wochenende mit dem Kuckucksfestival gefeiert, denn gewöhnlich kehren die Tiere zu Bealtaine aus dem Süden nach Irland zurück.

Tatsächlich kam am Sonntag vorübergehend die Sonne heraus. Das hätte sie besser bleiben lassen, denn das Geschehen verlagerte sich prompt auf die Straße. Ein ungewöhnlich großer Mann hatte sich angeblich als Kuckuck verkleidet, sah in seinem bunten Kostüm mit gelbem Schnabel aber aus wie ein Papagei, auch wenn er ständig "Kuckuck" krähte.

Während in den meisten Pubs traditionelle Musik gespielt wurde, lief bei Sextons Discomusik. Vor dem Laden hatte sich eine größere Gruppe Jugendlicher versammelt. Die meisten trugen bunte Pudelmützen, die ihnen ein fliegender Händler angedreht hatte. Der konnte sein Glück kaum fassen, dass er seine gesamte Ware ausgerechnet am einzigen Sonnentag seit langem verkaufen konnte. Vier junge Männer, die bei dem Run auf die Mützen leer ausgegangen waren, hatten sich stattdessen zum Keltenfest Wikingerhelme aufgesetzt. Damit lagen sie zwar rund vierzehn Jahrhunderte daneben, aber das war dann auch egal.

Unglücklicherweise wetteten sie gern. Ein schmächtiger Knabe, der offenbar erst seit kurzem legal Alkohol trinken darf, hatte vor seinen Kumpanen geprahlt, dass er ein großes Bier aus seinem Schuh trinken würde. Es ging bei der Wette selbstverständlich um Bier, obwohl die Bagage ohnehin bereits voll wie eine Strandhaubitze war. Und es war erst 17 Uhr. Nun zog sich der junge Mann seinen vergammelten Turnschuh aus und füllte ihn mit Bier, das er sich unter lauten Würgegeräuschen verabreichte. Danach füllte er den Schuh erneut. Mein Versuch, das grauenhafte Geschehen zu fotografieren, ging schief. Kaum hatte der Suffkopf den Schuh an die Lippen gesetzt, da musste er sich übergeben und kotzte den Schuh voll. Ich nahm von dem Bild Abstand.

Ach wären wir doch lieber zum Alters-Bealtaine gegangen. Das ist ein Festival, bei dem Kreativität im Alter gefeiert wird. Gezeigt werden Erstlingswerke von Altfilmern, Malern, Bildhauern sowie Debüts von Tänzern oder Schauspielern. Dabei geht es gesitteter zu als bei den Kampftrinkern, und aus Fußbekleidungsstücken trinkt in dem Alter vermutlich niemand.

Die keltischen Druiden entzündeten zu Bealtaine auf einem Hügel ein Feuer und trieben das Vieh des ganzen Dorfes hindurch, weil die Flammen reinigen und Glück bringen sollten. Leider hat sich dieser Brauch nicht erhalten. Sonst hätte man in Kinvara am Sonntag das zweibeinige Jungvieh ins Feuer treiben können.

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kari

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