Krieg in Afghanistan: Todesschüsse der Bundeswehr

Die Bundesregierung räumt ein, dass deutsche Soldaten in der vergangenen Woche zwei feindliche Kämpfer töteten. Derweil nehmen die Proteste gegen Luftangriffe zu.

Gegen die Konsequenzen eines Krieges hilft auch Tarnung nicht. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Bundesverteidigungsministerium hat die Zahl der Toten bei einem Kampfeinsatz von Bundeswehrsoldaten am vergangenen Donnerstag und Freitag in Afghanistan nach oben korrigiert und eingeräumt, dass auch Deutsche dabei töteten.

Ministeriumssprecher Thomas Rabe sagte am Montag in Berlin, mindestens zwei Gegner seien in dem Gefecht bei Kundus von deutschen Soldaten der internationalen Isaf-Truppe getötet worden.

Rabe korrigierte die bisher mit vier angegebene Zahl der getöteten feindlichen Kämpfer auf sieben, die Zahl der Verletzten von vier auf vierzehn. Bisher hatte es geheißen, alle Opfer seien von afghanischen Soldaten erschossen worden. Diese waren laut Bundeswehr einer angegriffenen 29-köpfigen deutschen Patrouille bei Kundus zu Hilfe gekommen.

Rabe schloss laut dpa nicht aus, dass die Staatsanwaltschaft Potsdam den Fall untersuchen könnte. Es gehöre zum Einsatz dazu, dass es zu solchen Situationen komme. Die Korrektur begründete er mit der unübersichtlichen Lage nach dem Gefecht. Zudem habe sich erst später herausgestellt, dass Deutsche die tödlichen Schüsse abgaben. Der Bundestag sei umgehend informiert worden.

Der bündnisgrüne Obmann im Verteidigungsausschuss des Bundestages, Winfried Nachtwei, kritisierte gegenüber der taz die späte Information. Für ihn zeige das Gefecht, dass es wirklich eine neue Intensität der Gewalt gebe.

Dies sei schon am 29. April deutlich geworden, als ein deutscher Soldat in einem Gefecht getötet wurde. "Dass die Isaf-Truppe sich zur Wehr setzt ist legitim und notwendig", sagte Nachtwei, einer der profundesten Afghanistankenner im Bundestag. "Entscheidend ist, dass dabei die Sicherheit der Bevölkerung nicht gefährdet und keine Eskalation ausgelöst wird."

Afghanistans Präsident Hamid Karsai hatte am Sonntag vor der Presse in Berlin die gute Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften beider Seiten gelobt. Dabei bezog er sich auf die Festnahme eines Taliban-Kommandeurs durch die KSK-Spezialkräfte der Bundeswehr vergangene Woche bei Feisabad.

Karsai forderte am Montag erneut die Einstellung der Luftangriffe der internationalen Truppen in Afghanistan, obwohl US-Militärs das zuvor explizit abgelehnt hatten. "Wir verlangen eine vollständige Einstellung der Bombardements unserer Dörfer", ließ Karsai seinen Sprecher in Kabul erklären. "Diese sind wie eine zweischneidige Waffe, mit der die internationale Gemeinschaft sich selbst und auch dem afghanischen Volk schadet."

Karsais Kritik bezog sich auf einen Luftangriff auf zwei Dörfer in der westlichen Provinz Farah, bei dem laut Karsai 130 Zivilisten starben. Das wäre die höchste Zahl ziviler Opfer eines Angriffs der internationalen Truppen seit deren Einmarsch Ende 2001. Lokale Beamte sprachen von bis zu 147 toten Zivilisten, eine afghanisch-amerikanische Untersuchungskommission von etwa 90 Toten, darunter auch viele Taliban.

Am Donnerstag hatten in der Provinzhauptstadt Farah mehrere hundert Menschen zum Teil gewaltsam gegen zivile Opfer bei Luftangriffen protestiert. Am Sonntag demonstrierten in Kabul tausend Studenten. "Unser Volk hat genug von Enthauptungen und Selbstmordanschlägen der Taliban. Andererseits ist ein Massaker an Zivilisten durch US-Streitkräfte ein Verbrechen, das unser Volk nie vergessen wird", heißt es in einer Erklärung.

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