Steuern: Nußbaum holt sich die erste Klatsche
Der neue Finanzsenator denkt über die Gewerbesteuer nach, CDU und FDP hauen daneben.
Der neue Finanzsenator Ulrich Nußbaum hat seine erste Debatte losgetreten. Selbstständige Freiberufler - also etwa Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte, Musiker, Journalisten, Regisseure, Schriftsteller und Designer - sollen künftig auch Gewerbesteuer zahlen. Es sei "nicht einzusehen", dass sie von Steuer befreit seien, sagte der parteilose Nachfolger von Thilo Sarrazin am Montagabend. Der Vorteil des Vorschlags für Berlin laut Nußbaum: "Unsere eigenen Steuereinnahmen würden steigen, und wir wären weniger abhängig von den Geberländern."
Die Idee hört sich gut an, wird aber nicht zur Realität werden. Und selbst wenn: Für die betroffenen Berufsgruppen würde sich kaum etwas ändern. CDU und FDP fürchten dennoch Steuererhöhung für den Mittelstand - was faktisch allerdings unbegründet ist.
Dazu muss man wissen: Die Gewerbesteuer wird fast vollständig auf die Einkommensteuer angerechnet. Wenn die Freiberufler in Zukunft auch Gewerbesteuer bezahlen, dann müssen sie also ungefähr den gleichen Betrag weniger an Einkommensteuer zahlen. Unter dem Strich ändert sich für sie also kaum etwas.
Nur bei der Verteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund und Land verschiebt sich etwas. Denn die Gewerbesteuer bleibt allein beim Land. Die Einkommensteuer dagegen wird aufgeteilt: 42,5 Prozent gehen an den Bund, der Rest bleibt beim Land. Die Idee des Finanzsenators bedeutet also, dass von den in Berlin gezahlten Steuern mehr in den Landeshaushalt fließen sollen und weniger in den Bundeshaushalt.
Und genau darum wird aus dem Vorschlag auch nichts werden. Denn um das entsprechende Gesetz zu ändern, muss auch der Bund zustimmen. Und warum sollte der freiwillig auf Steuereinnahmen zugunsten der Länder verzichten?
Michael Dietmann, dem wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU, ist das alles offenbar nicht bekannt. Er behauptet in einer Pressemitteilung, die von Nußbaum in die öffentliche Debatte geworfene Gewerbesteuer für Freiberufler "würde die Unternehmen nur zusätzlich belasten". Auch der neue FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer spricht von "weiteren Steuerbelastungen" für den Mittelstand. Meyer findet, Nußbaum sei "eine völlige Fehlbesetzung".
Aber das gilt wohl eher für einen FDP-Fraktionsvorsitzender, der solche Ahnungslosigkeit beim Steuerrechts offenbart.
Leser*innenkommentare
Bodo Bender
Gast
FDP - Von den Vertretern einer Partei, die reflexartig auf Steuersenkung für ihre Klientel programmiert ist, kann man nicht auch noch erwarten, sie hätten eine Ahnung vom Steuerrecht. Die knallen genauso reflexartig und bar jeder Kenntnis ihre Pressemitteilungen raus. Wobei der neue Finansenator sich diese tolle Anregung auch hätte sparen können.
Freiberufler
Gast
Vielleicht sollte sich auch der Autor etwas besser informieren:
"Im Zuge der Unternehmenssteuerreform 2008 wird der Betriebsausgabenabzug bezüglich der Gewerbesteuer abgeschafft. Das bedeutet, dass Gewerbesteuern nicht mehr bei der Einkommenssteuererklärung als Ausgabe geltend gemacht werden dürfen."