Kommentar Hertie-Pleite: Opfer ohne Wert

Für die Beschäftigten ist die Hertie-Pleite ein Desaster. Hier zeigt sich: Die Gewerkschaften müssen überlegen, wie sie ihre Mitglieder besser vor Unterwerfung unter Kapitalinteressen schützen.

Am Ende flossen Tränen: Nach zehnmonatiger Insolvenzverwaltung verschwindet Hertie, stehen rund 2.800 MitarbeiterInnen auf der Straße. Dabei hatten die Beschäftigten große Opfer gebracht: Im Rahmen eines Sanierungstarifvertrags verzichten sie seit Jahren auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld - und damit auf bis zu 10 Prozent ihres Gehalts. Und schon im Januar haben sie mit Unterstützung von Ver.di ihre Bereitschaft zu weiteren Kürzungen signalisiert, um Arbeitsplätze zu retten.

Doch Hertie-Besitzer Dawney Day war daran überhaupt nicht interessiert. Der insolvente britische Finanzinvestor hat die Kaufhäuser mittlerweile an dubiose Tochterfirmen weitergereicht - und die wollen sofort Cash sehen. Selbst Bürgschaften, bereitgestellt etwa von der NRW-Landesregierung, konnten Dawney Day nicht umstimmen. Deutlich wird so die Ohnmacht der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaft, aber auch aller Ebenen von Öffentlichkeit und Politik, von der Bundesregierung bis zu den Bürgermeistern. Als Alternative zum Aus für Hertie blieb am Schluss nur die Verstaatlichung. Aber die fordert nicht einmal die Gewerkschaft.

Mit dem Sanierungstarifvertrag, mit den Zugeständnissen der Belegschaft sind die Instrumente der Sozialpartnerschaft gescheitert - mit bitteren Folgen für die Beschäftigten: Sie erhalten wegen geringerer Bezüge weniger Arbeitslosengeld. Und wegen der verschachtelten Besitzverhältnisse ist heute nicht einmal klar, ob die Insolvenzmasse überhaupt für Abfindungszahlungen reicht.

Die Gewerkschaften müssen jetzt jenseits aller Tagespolitik neue Konzepte entwerfen, wie ihre Mitglieder der Unterwerfung unter reine Kapitalinteressen entgehen können. Die Begrenzung der Macht der Investoren ist dabei nur ein erster Schritt.

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