Volksbegehren: Direkte Demokratie vor allem für Reiche und Verleger

Die Raucherkampagne ist gescheitert, weil Profis für die Organisation fehlen.

Am Montag um 15 Uhr endete die Frist für das Volksbegehren gegen staatliche Rauchverbote in den Kneipen. Rund 170.000 Unterschriften hätten die Initiatoren sammeln müssen, doch sie selbst schätzen, dass deutlich weniger als 100.000 Berliner unterschrieben haben. Michael Efler vom Verein Mehr Demokratie sagt: "Eigentlich war das Thema sehr gut geeignet, denn es ist leicht verständlich und betrifft viele Leute." Doch es habe schlicht und ergreifend an Geld und mangelndem Organisationsgrad gefehlt.

Das bestätigt Kampagnensprecher Thoma Michel: "Wir waren im Kernteam sieben Leute, die das seit etwa zwei Jahren betrieben haben. Und dann hatten wir zuletzt auch noch hunderte Helfer - aber das reichte nicht." Die Initiative finanzierte sich über Spenden von Rauchern und Wirten - Großsponsoren gab es nicht, fest angestellte Mitarbeiter auch nicht.

Um die Hürde zu schaffen, hätte die Initiative vier Monate lang jeden Tag im Schnitt 1.400 Unterschriften sammeln müssen. Die Idee war, dass in allen Kneipen Berlins die Unterschriftenbögen ausliegen sollten. "Aber auch die Mehrheit der Wirte, die die Initiative sehr gut fanden, mussten daran erinnert werden, die Bögen auch wirklich auszulegen und sie zurückzuschicken", so Michel. Und diese Betreuung der Wirte konnte die Initiative nicht leisten: "Unsere schmerzhafte Erfahrung ist, dass eine ehrenamtlichen Gruppe von Bürgern einen Volksentscheid nicht hinbekommen kann. Dafür braucht man ein Millionenbudget."

Auch der Basisdemokratieverfechter Efler findet: "Es gibt eine strukturelle Benachteiligung von Initiativen, die wenig Geld haben und nicht von Medien unterstützt werden." Das zeigen auch die beiden einzigen Initiativen, die es bisher zur Abstimmung geschafft hatten: In beiden Fällen gehörten politisch die CDU und publizistisch der Axel Springer Verlag zu den Unterstützern. Bei Tempelhof kam das Geld von Unternehmen, bei Pro Reli von den Kirchen. Die schickten die Bögen per Post an alle Kirchenmitglieder und legten sie in den Gemeinden aus. Efler: "Das ist einfach ein geniales Netzwerk für eine Unterschriftensammlung."

Unterdessen verebbt nun die Volksentscheidfreude in Berlin wieder. Nach dem Scheitern der Raucher gibt es derzeit keine ernst zu nehmende Initiative für eine landesweite Volksabstimmung. "Einerseits ist der erste Themenstau nun einfach abgearbeitet", so Efler, "aber die Initiativen überlegen sich jetzt auch genauer, ob sie wirklich antreten." Schließlich haben sie nun gesehen, welcher Aufwand dahintersteht. Efler: "Es ist zwar durchaus möglich, dass es auch einmal klappt, aber die Trauben hängen ganz schön hoch." Sein Verein fordert daher, die Unterschriftenhürde auf 100.000 zu senken. Efler: "Das wären 4 Prozent der Berliner und würde immer noch völlig ausreichen, um Abstimmungen über Bagatellthemen zu verhindern."

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