Etwas weniger Mugabe, dafür etwas länger

SIMBABWE Neue Verfassung verabschiedet – aber so manche Gegner des Präsidenten sind unzufrieden

JOHANNESBURG taz | Simbabwes Parlament hat eine neue Verfassung verabschiedet, die das bestehende Grundgesetz von 1980, dem Jahr der Unabhängigkeit, ablösen soll. Nach vierjährigen Verhandlungen haben sich alle drei im Parlament vertretenen Parteien – die langjährige Staatspartei Zanu/PF (Simbabwe Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front) von Präsident Robert Mugabe, die oppositionelle MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) von Premierminister Morgan Tsvangirai sowie eine MDC-Abspaltung – auf das Dokument geeinigt und es am Mittwoch und Donnerstag ohne weitere Debatte gebilligt. Nun soll innerhalb von zwei Monaten eine Volksabstimmung stattfinden, um es zu bestätigen.

Die wichtigste Änderung: Das Präsidentenamt ist erstmals auf zwei gewählte Amtszeiten beschränkt. Dennoch bleiben dem Staatschef weitreichende Vollmachten. Er kann Richter und Minister ernennen und das Parlament auflösen, falls es der Regierung das Misstrauen ausspricht. Er kann auch selbst die Regierungsgeschäfte ausüben.

Schon lange haben sich Bürgerinitiativen damit abgefunden, dass das neue Dokument das Ergebnis von Verhandlungen ist. Es sei ein Kompromiss, sagt das Regionalbüro der Crisis in Zimbabwe Coalition in Johannesburg. Die Meinung des Volkes spiegele sich in der Verfassung wider, aber nicht die freie Meinung aller Beteiligten.

Die Verfassung sei besser als die von 1980, zieht die „Krisenkoalition“ Bilanz. Aber sie sei keine großartige Reform. Verbesserungen beschränken sich auf Einzelbereiche: Kinderrechte werden festgeschrieben, das Verfügungsrecht über kommunales Land geht von traditionellen „Chiefs“ auf die Regierung über.

Schon in den Konsultationen auf Gemeindeebene, die der Entstehung des Verfassungstextes vorausgingen, klagten Oppositionelle über Behinderungen durch Mugabes Regierungspartei Zanu/PF. Einschüchterungen hielten manche Dörfler davon ab, sich frei zu äußern, sagten sie.

Oppositionelle sind auch deshalb frustriert, weil sie ursprünglich mittels einer neuen Verfassung das Mugabe-Herrschaftssystem überwinden wollten. Aus Frust über die „verwässerte“ Verfassung plant jetzt die Oppositionsinitiative National Constitutional Assembly (NCA) eine Neinkampagne bei der Volksabstimmung. „Dies ist keine demokratische und vom Volk bestimmte Verfassung. Sie wurde uns von drei politischen Parteien aufgezwungen. Aber die Menschen sind größer als diese drei Parteien“, sagt NCA-Vorsitzender Lovemore Madhuku.

Seine Organisation hatte es im Jahr 2000 geschafft, mit ihren groß angelegten Kampagnen einen damals von Zanu/PF vorgelegten Verfassungsentwurf im Referendum abzulehnen. Das war die Geburtsstunde der mächtigen Opposition in Simbabwe, die sich um die MDC und deren Führer Morgan Tsvangirai scharte und mehrfach nur durch Wahlbetrug daran gehindert werden konnte, Mugabes Herrschaft zu beenden. Jetzt ist die MDC seit vier Jahren Teil einer Regierung der Nationalen Einheit, und die Bürgerbewegung ist dadurch politisch geschwächt, sagen Beobachter. „Gegen Zanu/PF und die beiden Fraktionen der MDC hat die Neinkampagne keine Chance“, sagt Trevor Maisiri von der International Crisis Group.

Die „Krisenkoalition“ schätzt, dass die meisten Menschen in Simbabwe die Verfassung trotz der begrenzten Neuerungen als Schritt nach vorn sehen. Die Frage sei nun: Werden die Machthaber der neuen Verfassung folgen? Die Amtszeit von Präsident Robert Mugabe endet im Juni. Der 88-Jährige drängt auf Wahlen im gleichen Monat, zu denen er dann unter der neuen Verfassung antreten will.MARTINA SCHWIKOWSKI