Bosnien und Herzegowina: Ultimatum an die bosnischen Serben

Der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft droht dem Parlament des serbischen Teilstaates, dessen Beschlüsse aufzuheben. Premier Dodik gibt sich kompromissbereit.

Scheint die Drohungen des Hohen Repräsentaten nicht wirklich ernst zu nehmen: Premier Dodik. Bild: reuters

SPLIT taz | In Bosnien und Herzegowina könnte sich die nächste harte Auseinandersetzung anbahnen. Am Donnerstag läuft ein Ultimatum des Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft, des Österreichers Valentin Inzko, an das Parlament der bosnischen Serbenrepublik ab. Wird Inzko dessen Beschlüsse kassieren, Sanktionen gegen die serbische Teilrepublik ausrufen oder sogar deren Ministerpräsident Milorad Dodik absetzen? Oder erweist sich die Drohung des Hohen Repräsentanten wieder einmal als Luftblase, die angesichts des Widerstands der serbischen Nationalisten zerplatzen wird?

Auslöser für den Zwist ist ein Beschluss des Parlaments der serbischen Teilrepublik. Dieses hatte in der vergangenen Woche entschieden, Kompetenzen, die nach dem Kriegsende 1995 den Behörden des Zentralstaates Bosnien und Herzegowina übertragen worden waren, wieder an sich zu ziehen. Darunter fällt auch die Befugnis des Zentralstaates, auf dem gesamten Staatsgebiet Kriminelle dingfest zu machen. Nach Auffassung von Inzko hat das Parlament gegen die Bestimmungen des Friedensvertrages von Dayton verstoßen.

Als Warnung, dass er es diesmal ernst meint, setzte Inzko am vergangenen Montag zwei hohe Polizeioffiziere ab. Der eine, ein Kroate aus Mostar, soll versucht haben, Mitarbeiter des Hohen Repräsentanten einzuschüchtern und so eine Untersuchung über Korruption zu verhindern.

Bei dem zweiten Offizier handelt es sich um einen serbischen Abteilungsleiter des multiethnisch zusammengesetzten Geheimdienstes Bosnien und Herzegowinas (SIPA), der beschuldigt wird, Mitarbeiter der internationalen Behörde in Sarajevo, des Office of High Representative ( OHR), systematisch ausspioniert zu haben.

Milorad Dodik protestierte gegen diese Absetzung und sprach von einer "nicht notwendigen, repressiven Maßnahme". Seine Reaktion verwundert nicht, bemüht sich SIPA derzeit doch darum, Material über Korruption in der serbischen Teilrepublik zu sammeln. Das könnte für Dodik gefährlich werden, da er in verschiedene Affären verstrickt ist.

Der Hintergrund für den jüngsten Schlagabtausch ist die Auffassung der internationalen Gemeinschaft, nur durch eine Stärkung der Kompetenzen des Gesamtstaates könne das Land auf die Integration in die EU vorbereitet werden. Dodik und die Mehrheit des serbischen Parlaments dagegen möchten die serbische Teilrepublik zu einem quasi unabhängigen Staat ausbauen und von dem Gesamtstaat sowie der bosniakisch-kroatischen Föderation, dem zweiten Teilstaat in Bosnien und Herzegowina, absetzen.

Doch auch die jüngsten Drohungen des Hohen Repräsentanten scheint Dodik nicht so recht ernst zu nehmen. Die serbische Teilrepublik werde sich nicht beugen, erklärte er. Sollte Inzko die Entscheidungen des Parlamentes aufheben, würde das Parlament eben erneut entscheiden. Gleichzeitig ließ Dodik jedoch am Mittwoch Kompromissbereitschaft erkennen und sechs Gesetze, die für die Aufhebung des Visazwanges für Bürger Bosnien und Herzegowinas in der EU wichtig sind, im Gesamtparlament beschließen. Bisher hatten die serbischen Abgeordneten dort diese Gesetze blockiert.

Inzko versuchte in den letzten Tagen, Rückendeckung aus der EU zu bekommen. Nach einem Besuch bei der scheidenden EU-Ratspräsidentschaft in Prag reiste er am Dienstag zur künftigen Präsidentschaft nach Schweden.

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