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Brasilien kauft IWF-AnleihenVom Schuldner zum Gläubiger

Das lange hoch verschuldete Brasilien leiht dem Internationalen Währungsfonds Geld. Dafür wollen die Südamerikaner bei der Reform von IWF und Weltbank ein Wörtchen mitreden.

Der IWF benötigt Geld für seine Krisenprogramme. Bild: dpa

BERLIN taz | Brasilien wird Gläubiger des Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Regierung werde dem IWF Anleihen im Wert von 10 Milliarden US-Dollar abkaufen, teilte Finanzminister Guido Mantega mit: "Brasilien nutzt einen Teil seiner Währungsreserven und gibt damit dem IWF die finanziellen Kapazitäten, um Ländern zu helfen, die durch die Finanzkrise in Zahlungsschwierigkeiten gerieten." Zwar schrumpfte infolge der Krise auch die brasilianische Wirtschaft, wenn auch nur um 0,8 Prozent im ersten Quartal. Doch internationale Investoren sind zuversichtlich. Der lokale Aktienindex Bovespa stieg seit Jahresbeginn schon um gut 40 Prozent an.

Brasilien hatte erst Ende 2005 seine letzten Schulden beim IWF vorzeitig zurückgezahlt. Wie auch Argentinien, Indonesien und mehrere andere Schwellenländer machte es sich auf diese Weise unabhängig von den strengen, neoliberalen Wirtschaftsauflagen der Organisation. Mit der Finanzkrise gewann der IWF allerdings wieder zahlreiche neue Kunden hinzu. Jetzt gibt er erstmals eigene Anleihen heraus, um sich die für die Krisenprogramme nötigen Mittel zu leihen.

Die Gruppe der 20 Industrie- und Schwellenländer (G 20) hatte auf ihrem Finanzkrisengipfel Anfang April in London beschlossen, die Mittel des IWF um 500 Milliarden Dollar aufzustocken. Die Industrieländer sagten jedoch nur 200 Milliarden zu - und forderten die reicheren Entwicklungsländer auf, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Andere Länder der so genannten BRIC-Gruppe (Brasilien, Russland, Indien, China) haben inzwischen auch schon den Kauf von IWF-Anleihen in Aussicht gestellt: China für 50 Milliarden Dollar und Russland für 10 Milliarden.

Hinter der brasilianischen Offerte steht ein klares politisches Interesse: Man will bei der anstehenden Stimmrechtsreform von IWF und Weltbank ein Wörtchen mitreden. Der Kredit verleihe seinem Land dazu die moralische Autorität, sagte der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva. "Die BRIC-Länder müssen bei den Verhandlungen eine gemeinsame Strategie entwickeln", so Lula.

Russland dürfte er dabei auf seiner Seite haben. "Im IWF müssen die führenden Volkswirtschaften der Welt angemessen repräsentiert sein", hatte Finanzminister Alexej Kudrin vergangene Woche gefordert - und auf das Beispiel China verwiesen. Das Land habe gegenwärtig weniger Stimmrechte im IWF als westliche Länder von der Größe Belgiens und der Schweiz.

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