Charité: Nußbaum versetzt Charité ins Koma
Der Finanzsenator kürzt den Etat des Uniklinikums und gibt kein Geld für einen Neubau.
Ein neues Bettenhaus schwebte den Aufsichtsräten der Charité vor, direkt gegenüber dem jetzigem am Robert-Koch-Platz, mit 680 Betten. In der Aufsichtsratssitzung wurde dies auch beschlossen - nur einer war dagegen: der Finanzsenator. Illusorisch, da viel zu teuer, befand Ulrich Nußbaum (parteilos). Nun wird sich der Senat am Montag in einer Haushaltsklausur mit dem Universitätsklinikum befassen.
Denn eines ist klar: das Unternehmen, das an chronischen Finanzierungsproblemen krankt, kann auf die große Geldspritze des Landes nicht hoffen. Nicht mit einem Finanzsenator an der Spitze, der sich seit seinem Antritt im Mai auf die Fahnen geschrieben hat, die landeseigenen Betriebe - allen voran die Vivantes-Kliniken und die Charité - Richtung Gewinnzone zu fahren.
Davon ist die Charité weit entfernt. 57 Millionen Euro Miese hat das Klinikum 2008 eingefahren. Für die nächsten vier Jahre hoffte man auf 330 Millionen Euro vom Senat. Doch Ulrich Nußbaum kürzte als eine seiner ersten Amtshandlungen den Etat auf 195 Millionen. Es könne nicht sein, so der Senator kürzlich auf einer Veranstaltung, dass sowohl Vivantes als auch die Charité jeweils Investitionen in einer Höhe einplanen, wie sie der Senat für den gesamten Gesundheitssektor vorsieht.
Und nun auch noch ein Neubau, der mit 347 Millionen Euro veranschlagt wird. Dabei müssen zudem die OP-Säle im Benjamin-Franklin-Klinikum in Steglitz saniert und eine neue Vorklinik gebaut werden. Kostenpunkt: 180 Millionen Euro.
Ein Zahlensalat und viel zu viele Baustellen seien das, befindet selbst der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Jochen Esser. "Diese Subventionsbedürfnisse der Kliniken überfordern das Land", sagt er und verlangt: "Der Senat in seiner Eigentümerfunktion und Financier muss sagen, wo es langgeht."
Bis zum frühen Herbst gibt Nußbaum dem Riesendampfer Charité noch Zeit, ein schlüssiges Gesamtkonzept für alle Standorte vorzulegen. Ansonsten, so Nußbaum, "nehme ich das notfalls in die Hand".
Wenn ein neuer Besen wie Nußbaum dazu führt, dass Entscheidungen getroffen werden, sei das gut, findet Esser. Als Bremer Unternehmer sehe der Finanzsenator eben die Charité wie eine Fabrik, sagt er. Und ein Fabrikant kauft sich kein großes Schiff, wenn er damit nicht auch große Fische fangen kann.
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