Länger Erziehungsurlaub: Regelung für Elternzeit vereinbart

Erziehungsurlaub soll in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mindestens 18 Monate dauern. Für viele Staaten bedeutet das keine entscheidende Verbesserung.

Eltern in Belgien und Österreich profitieren von der neuen Regelung. Bild: ap

BRÜSSEL taz | Junge Familien haben künftig in der gesamten Europäischen Union Anspruch auf mindestens acht Monate Elternzeit zusätzlich zum gesetzlichen Mutterschutz nach der Entbindung. Für die Frage, in welchem Zeitraum der zusätzliche Erziehungsurlaub beansprucht werden muss und ob es dafür einen finanziellen Ausgleich gibt, bleiben die Mitgliedstaaten zuständig.

Angesichts der Wirtschaftskrise wirkt diese Nachricht aus Brüssel auf den ersten Blick wie ein optimistisches Signal. Die Sozialpartner unterzeichneten am Donnerstag gemeinsam mit Sozialkommissar Wladimir Spidla eine Vereinbarung, die das Rahmengesetz von 1996 ersetzen soll.

Auf den zweiten Blick ist das Ergebnis der monatelangen Verhandlungen zwischen Arbeitgeberverband und Europäischem Gewerkschaftsbund ernüchternd. Denn der europaweit geltende Mindestanspruch ist damit in 13 Jahren um gerade einmal zwei Monate gestiegen. Gewerkschaftschef John Monks erinnerte daran, dass die Vereinbarung von 1996 für mehrere sozial als durchaus fortschrittlich geltende Länder höhere Standards brachte - darunter für Belgien, Österreich und Deutschland.

Das gilt für die neue Regelung nicht. In Deutschland arbeitende Eltern haben inzwischen Anspruch auf drei Jahre Erziehungszeit bei garantiertem Arbeitsplatz und bekommen für 12 Monate Elterngeld. Wenn der Vater mindestens zwei Monate zu Hause bleibt, wird das Elterngeld sogar 14 Monate lang gezahlt. In Belgien gelten weiterhin nur die europäischen Mindeststandards. In Österreich kann ein Elternteil "nach Absprache mit dem Arbeitgeber" zwischen drei Monaten und einem Jahr Erziehungsurlaub erhalten.

Die meisten EU-Mitgliedsstaaten aber sind deutlich familienfreundlicher. In Bulgarien zum Beispiel kann die Mutter 45 Tage vor der Geburt und ein Jahr nach der Entbindung zu Hause bleiben und erhält 90 Prozent ihres Lohns. Neu ist an der EU-Vereinbarung, dass der Vater mindestens einen Monat lang zu Hause bleiben muss, wenn sein Anspruch nicht verfallen soll.

Kommissar Wladimir Spidla, der die Einigung am Donnerstag in blumigen Worten lobte, hatte schon 2007 gesetzlich verpflichtende Vätermonate verlangt. Damit wollte er die Nachteile für junge Frauen auf dem Arbeitsmarkt ausgleichen. Viele Arbeitgeber stellen nach wie vor lieber männliche Bewerber ein, weil sie dann keine Ausfallzeiten fürchten müssen, wenn Nachwuchs kommt.

Daran dürfte der nun europaweit vorgeschriebene eine Monat pro Kind nicht viel ändern. Zumal es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, ob in der Freistellungsphase ein Lohnausgleich gezahlt wird.

"Ohne finanzielle Entschädigung können sich doch die meisten Familien Elternurlaub gar nicht leisten", sagte Catelene Passchier vom Europäischen Gewerkschaftsbund der taz. Arbeitgeberchef Philippe de Buck hingegen erklärte launig, das nächste Mal müsse dringend etwas für die Großväter getan werden. Schließlich hätten er und Sozialkommissar Spidla gerade Enkel bekommen. Sicher ist: Bis auf europäischer Ebene Sozialstandards eingeführt werden, die Familienleben und Berufstätigkeit vereinbar machen, werden die jungen Väter von heute längst Großväter sein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.