portrait
: Tschads Schlächter auf der Anklagebank

Als junger Guerillakämpfer in den Siebzigerjahren war Hissène Habré ein Verehrer von Patrice Lumumba und Ho Chi Minh. Französische Unterhändler, die unter Savannenbäumen mit ihm sprachen, waren von ihm fasziniert. Der Wüsten-Warlord wechselte ständig die Fronten in Tschads Bürgerkriegen und war zuerst ein Freund Libyens, bevor er die Geheimdienste Frankreichs und der USA gegeneinander ausspielte und sich im Jahr 1982 an die Macht putschte.

Aber in acht Jahren Militärdiktatur 1982–90 mutierte Habrés Prinzipienlosigkeit zu Willkür und Terror. Bis zu 40.000 politische Gegner in einem Land mit damals 5 Millionen Einwohnern sollen von seinem Regime hingerichtet worden oder in der Haft gestorben sein, fand eine unabhängige Untersuchungskommission nach Habrés Sturz heraus. Der Diktator hielt aber die Front des Westens gegen Libyens Gaddafi, der Tschad damals gerne annektiert hätte. Frankreich und Libyen bekämpften einander in Tschads Wüste; was in den Kerkern der Hauptstadt Ndjamena geschah, interessierte nicht. Bis Habré 1990 die Macht so verlor, wie er sie 1982 gewonnen hatte: durch den Einmarsch von Rebellen in der Hauptstadt, geführt von dem bis heute regierenden Idriss Déby.

Habré floh nach Senegal, wo seine Frau herkommt. Er erhielt Asyl und lebte unbehelligt. Erst im Jahr 2000 strengten tschadische und senegalesische Menschenrechtler ein Verfahren gegen ihn an. Habré wurde wegen „Mittäterschaft bei Folter“ angeklagt und verbrachte ein Jahr unter Hausarrest, bevor ein Berufungsgericht das Verfahren niederschlug.

Senegal erklärte daraufhin, man werde Habré an jedes Land ausliefern, das ihn haben wolle. Aber niemand wollte ihn. Nicht einmal Tschad. In Senegal machte Habré Geschäfte, vor allem mit regierungsnahen Muslimbrüderschaften. Er wähnte sich sicher. Wen kümmerte es schon, dass drei Tschader mit belgischer Staatsbürgerschaft gegen ihn in Brüssel Klage eingereicht hatten?

Habré behielt zunächst Recht. Aber am 19. September 2005 stellte Belgien doch einen Haftbefehl gegen den Exdiktator aus. Weil die Belgier vergaßen, das Original dieses Haftbefehls nach Senegal zu schicken, konnte seine Verhaftung und der Beginn des Auslieferungsverfahrens allerdings erst jetzt erfolgen. Am Dienstag wurde Habré in Senegals Hauptstadt Dakar festgenommen.

Innerhalb von acht Tagen muss über das Auslieferungsersuchen entschieden werden. Bei einem positiven Bescheid erfolgt die Überstellung innerhalb eines Monats. Weihnachten 2005 könnte Tschads Schlächter, heute 63 Jahre alt, hinter belgischen Gittern verbringen. DOMINIC JOHNSON