Kommentar Afghanistan: Mehr Soldaten, mehr Krieg

Die US-Offensive in Afghanistan beweist, dass mehr Soldaten selbstverständlich auch mehr Krieg bedeuten. Doch Obama braucht eine Messlatte für Erfolg.

Die USA haben in der afghanischen Südprovinz Helmand den ersten Großangriff gegen die Taliban seit dem angekündigten Strategiewechsel unter Barack Obama gestartet. Bisher sprachen unterm Stichwort Change für Afghanistan US-Militärs und -Außenpolitiker vor allem davon, dass in Afghanistan nun endlich auch die zivile und wirtschaftliche Entwicklung forciert werde. Die enorme Truppenaufstockung um 21.000 Soldaten diene besonders der Ausbildung der Afghanischen Armee und Polizei, hieß es.

Nun aber beweist die Offensive, dass mehr Soldaten selbstverständlich auch mehr Krieg bedeuten. Wie weit die Ausbildung der Afghanischen Armee bislang ist, zeigt dabei auch das Zahlenverhältnis der eingesetzten Truppen: Auf 4.000 US-Marines kommen 650 afghanische Kämpfer.

Doch sind weder die Truppenaufstockung noch der Angriff auf die Taliban-Hochburg im Helmand-Tal Grund genug, am überfälligen Strategiewechsel unter Obama zu zweifeln. Es gab zuletzt keinen Grund mehr zu glauben, dass der Einsatz irgendwohin führte außer zu mehr Korruption, mehr Unzufriedenheit und mehr Unsicherheit angesichts der stets aufs Neue überraschenden Stärke der Aufständischen. All dies mit mehr Geld, mehr Staatsaufbau, aber auch mehr Truppen zu beantworten, war immerhin plausibel.

Und doch fehlt der neuen Afghanistanstrategie ein entscheidendes Element zur Glaubwürdigkeit: Eine Messlatte für den Erfolg. Wenn bis Ende 2010 das Blatt gewendet und aus der Abwärtsspirale eine Aufwärtsspirale werden soll - mit welchen Anhaltspunkten wird das belegt? Obamas Leute wollen offenbar weder wachsende Zustimmungsraten der afghanischen Bevölkerung noch sinkende Attentatsziffern versprechen. Ihr Change kennt keine Beispiele. Wenn dies so bleibt, heißt das nicht anderes, als dass USA und Nato in Afghanistan so planlos sind wie vorher.

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Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.

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