: Blaue Flecken auf der Seele
Uni Bremen stellt bundesweit erste polizeiunterstützte Stalking-Studie vor. 2005 schon mehr als 300 Fälle in Bremen
Bremen taz ■ Die Zahl der Stalking-Fälle ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Gleichzeitig fehlt es noch immer an wirksamen Schutzmechanismen für die Opfer. Das sind die Ergebnisse der bundesweit ersten polizeiunterstützten Opferstudie zum Thema Stalking, die gestern vorgestellt wurde. Knapp 70 Stalking-Opfer aus Bremen sind dafür befragt worden.
Schätzungen zufolge sind in Deutschland aktuell rund 700.000 Menschen von Stalking betroffen. In Bremen zählte die Polizei allein in den vergangenen zehn Monaten 337 Fälle, in denen auch Straftatbestände erfüllt waren – fast genau so viele wie in den Jahren 2001 bis 2004 zusammen genommen.
Dennoch sei die Zahl der Anzeigen „nicht befriedigend“, so Polizeipräsident Eckard Mordhorst. Vier von fünf Opfern, so hat die Rechtspsychologin Lena Stadler von der Uni Bremen gezählt, gehen überhaupt nicht zur Polizei. Dabei spielen laut ihrer Studie Angst und Scham ebenso eine Rolle wie Rücksicht auf den Täter oder die Ansicht, „dass die Polizei ja doch nichts tun könne“.
Wer seinen Fall doch zur Anzeige bringt, wartet damit oft sehr lange: Bei mehr als einem Viertel aller Befragten lag das Stalking mehr als ein Jahr zurück. Nicht einmal jedes zehnte Opfer ging sofort zur Polizei. In rund der Hälfte aller untersuchten Fälle waren die Täter zugleich die ehemaligen Partner. Viele von ihnen haben ihren Opfer bereits früher Gewalt angetan.
Insgesamt zählt die Untersuchung mehr als 100 verschiedene Formen des Stalking auf – viele von ihnen sind heute noch nicht strafbar. Umso dringender erscheint es Stadler, dass Stalking zum Straftatbestand erhoben wird. Dem stimmte gestern nicht nur Mordhorst zu, sondern auch der Staatsrat aus dem Innenressort, Thomas vom Bruch. Jedoch sehe der jetzt verabschiedete Koalitionsvertrag eine entsprechende Gesetzesreform vor, versicherte vom Bruch.
Der Polizei empfiehlt Stadler nicht nur mehr Öffentlichkeitsarbeit, sondern auch eine bessere Ausbildung der eigenen Beamten. Außerdem solle die Polizei in Zukunft verstärkt mit Therapeuten, Kindergärten, Unternehmen oder Frauenhäusern zusammen arbeiten. mnz