Gegen Erderwärmung: Zölle gegen Klima-Trittbrettfahrer

Zölle auf Importe aus Ländern ohne Klimaauflagen sollen der Industrie teure Investitionen in den Umweltschutz schmackhafter machen. Das findet sogar die WTO legitim.

Importe aus Ländern ohne Klimaauflagen sollen teurer werden. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Chancen, dass sich auf der UN-Klimakonferenz im Dezember in Kopenhagen etwas bewegt, sind ein bisschen gestiegen. Denn die wichtigste Ausrede, warum Staaten wie die USA bislang keine konkreten Verpflichtungen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen eingehen wollten, könnte bald nicht mehr gelten: dass die Kosten für den Klimaschutz die eigene Wirtschaft im Wettbewerb mit Ländern ohne solche Ausgaben schwächen würden.

Den ersten Schritt dazu machte das US-Repräsentantenhaus mit seinem neuen Klimagesetz. Dieses sieht ein Handelssystem für CO2-Emissionsrechte vor. Die Anzahl der verfügbaren Zertifikate soll dabei schrittweise verringert werden. Dadurch hat die Industrie einen Anreiz, Geld für Klimaschutzmaßnahmen auszugeben, weil sie sonst zusätzliche Emissionsrechte teuer hinzukaufen müsste.

Um der Industrie die zusätzlichen Kosten etwas zu versüßen, sieht das Gesetz, das noch den Senat passieren muss, den Schutz der Wirtschaft vor unfairer Konkurrenz vor: Auf Importe aus Ländern ohne entsprechende Klimaschutzauflagen kann ein spezieller Zoll erhoben werden, eine Art Antiklimadumpingmaßnahme. Durch solche Klimazölle würden die Importe aus den betreffenden Ländern verteuert, und die US-Industrie bliebe trotz der teuren Klimaschutzmaßnahmen wettbewerbsfähig.

Der Aufschrei, der darauf folgte, war vorhersehbar: Klimazölle seien der pure Protektionismus und als solche niemals mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) vereinbar. Scharf protestierte der chinesische Vizeaußenminister He Yafei gegen "solche Versuche, unter dem Vorwand des Klimaschutzes den Handelsprotektionismus voranzutreiben". Sogar US-Präsident Barack Obama, der sich für das Klimagesetz starkgemacht hatte, wetterte gegen diese Klausel.

Doch dann bezog die WTO selbst dazu Stellung. In einer gemeinsam mit der UN-Umweltbehörde Unep erstellten Studie über "Handel und Klimawandel" kam sie zu dem Schluss, dass Klimazölle durchaus mit den Welthandelsregeln vereinbar sein können.

Zur Erklärung ziehen die Autoren das Beispiel der Tabak- oder Alkoholsteuern heran. Obwohl die im Prinzip von den Verbrauchern in Form höherer Endpreise gezahlt werden, holt sich das Finanzamt die Steuern aus praktischen Gründen direkt von den heimischen Unternehmen. Da etwa die deutschen Behörden auf ausländische Hersteller keinen Zugriff haben, kassieren sie auf importierte Zigaretten oder Schnäpse an der Grenze eine Ausgleichsteuer. Das sei nur fair: "Das Ziel der Ausgleichszahlungen sind gleiche Wettbewerbsbedingungen für die besteuerten Unternehmen im Inland und den nicht besteuerten Konkurrenten im Ausland", heißt es in der Studie. Genauso sei es beim Klimaschutz. Wenn Firmen im In- und Ausland dafür gleichermaßen belastet werden, dann könne von Protektionismus keine Rede sein. Es müsse lediglich ein "fairer" Satz für die Zahlungen festgelegt werden.

Susanne Dröge von der Stiftung Wissenschaft und Politik unterstützt dieses Argument mit Blick auf den künftigen Emissionshandel. Ohne einen Ausgleich der Kosten für ersteigerte Zertifikate an der Grenze hätte die energieintensive Industrie einen finanziellen Anreiz, die Produktion in Länder mit geringeren Klimaschutzkosten zu verlagern. Emissionsreduktionsziele innerhalb der EU würden dann nur zu umso höheren Emissionen anderswo führen. Gleichzeitig spricht sie sich aber gegen eine allgemeine Handelssanktion gegen "Trittbrettfahrer" aus ebenso wie gegen ein unilaterales Vorgehen durch einzelne Regierungen.

In der EU findet die Idee der Klimazölle schon seit einiger Zeit Unterstützer, allen voran die französische Regierung. Präsident Nicolas Sarkozy hatte dergleichen schon vor anderthalb Jahren in einem Brief an die Kommission gefordert. Die aber will noch bis 2011 abwarten, wie sich der EU-Klimapakt auf die europäische Industrie auswirkt. Sollte sie spürbare Wettbewerbsnachteile gegen Konkurrenten ohne Klimaauflagen erleiden, etwa aus den USA oder China, dann werde man etwas unternehmen: entweder zusätzliche kostenlose CO2-Emissionsrechte verteilen - oder aber Klimazölle verhängen.

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