Online-Spielemesse in Leipzig: Zum Start gleich offline

Die Verantwortlichen der Games Convention Online mussten zur Premiere mit ansehen, wie ihr Server abstürzt. Dabei sollte die Online-Plattform das Prunkstück der Messe sein.

Messechef Marzin vertraut zwar auf das neue Konzept, senkt aber die Besuchererwartungen. Bild: dpa

LEIPZIG taz | Am Vorabend schien nur der Countdown durcheinander. Da war 23.30 Uhr auf der Homepage der "Games Convention Online" (GCO) zu lesen, dass diese in 8 h 53 min 12 sek anfangen werde. Eine seltsam unrunde Uhrzeit für den Beginn einer Messe. Später in der Nacht schlug der Countdown mehrfach nach oben und unten aus, ohne je die richtige Startzeit anzuzeigen.

Als es dann wirklich losgehen sollte, Freitagmittag, war die Seite für viele gar nicht mehr zu erreichen. Die erste interne Analyse habe eine DOS (Denial of Service) - Attacke, - eine Art Bombardement der Website mit fingierten Anfragen - ergeben, behauptet der IT-Experte der Leipziger Messe, Steven Ponndorf. Der Server sei dann ausgefallen und musste schrittweise abgeschaltet, die Inhalte auf neue Server verschoben werden. Dabei sollte die Online-Plattform das Prunkstück der neuen Messe werden.

Eigentlich hatten die Macher geplant, reale und virtuelle Messe nebeneinander laufen zu lassen. Auf dem Neuen Messegelände im Norden Leipzigs stellen seit Freitag 74 Aussteller aus acht Ländern die neuesten Online-Spiele vor.

Parallel dazu sollen die virtuellen Besucher unter anderem die Möglichkeit haben, in einer 3D-Welt - die stark an das vor zwei Jahren omnipräsente Second Life erinnert - in Form von persönlich entworfenen Avataren einzelne Räume der Aussteller aufzusuchen. Diese sind denen der realen Messe nachempfunden. Dort können die Nutzer Bilder und Videos der neuen Spiele ansehen oder direkt Kontakt mit den Ausstellern aufnehmen - indem sie sie virtuell einfach ansprechen. Außerdem kann man auf der Webseite kostenlos Online-Spiele testen und erhält Kapital, Leben oder Level als Bonus.

All das hatten sich die Macher hübsch ausgedacht. Aber erst gegen 14 Uhr konnten alle Besucher die Plattform auch tatsächlich nutzen. Auf Anfrage hieß es, dass "nur manche Nutzer nicht auf die Seite zugreifen konnten."

Messechef Wolfgang Marzin gab im Vorfeld zu, selbst sehr aufgeregt zu sein, wie die neue Messe angenommen werden würde. Er verwies zwar darauf, dass man sieben Jahre Erfahrung mit Computerspiele-Messen habe, wusste aber selbst sehr genau, dass die neue Messe mit der bisher veranstalteten Games Convention kaum zu vergleichen ist.

Die zählte im Vorjahr mehr als 500 Aussteller und mehr als 200.000 Besucher. Für die Premiere der Online-Version senkte Marzin die Zahl der erwarteten Besucher kurzfristig sogar noch von 70 000 auf 50 000.

Messechef Marzin ist trotz der bescheidenen Aussichten vom neuen Konzept überzeugt. Er vertraut auf Potenzial und Wachstum des Online-Spiele-Markts. Die Branche benötige eine eigene Plattform, erkärt er. "Wir führen diejenigen zusammen, die in Communities organisiert sind oder endlich mal den treffen wollen, mit dem sie online schon längst spielen. Das Bedürfnis ist Gott sei dank unter Menschen noch so, sich auch mal physisch zu begegnen."

Dass Leipzig - trotz des Erfolges der Games Convention - überhaupt auf die innovativen Ideen und neue Ausrichtung angewiesen ist, liegt an einer Entscheidung aus dem Vorjahr. Die Mitglieder des Bundesverbands interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) hatten damals die Messe nach Köln abgezogen, offiziell aus logistischen Gründen. In Leipzig möchte man das bis heute nicht so recht glauben.

Man hätte gerne weiter gemacht, aber ohne die Unterstützung des BIU, dem die dreizehn namhaftesten und größten Computerspiele-Hersteller Deutschlands angehören, davon einige mit Sitz im Rheinland, wäre es ein hoffnungsloses Unterfangen gewesen. Immerhin werden sämtliche beliebte Spielkonsolen - das Kerngeschäft der Industrie - von den Mitgliedern des BIU hergestellt.

Da diese Branchengrößen zudem auch eigene Online-Spiele herstellen oder Online-Optionen für ihre Spiele anbieten, ist ebenso klar, dass Köln es sich nicht nehmen lassen wird, bei seiner GamesCom in drei Wochen auch auf die Verheißung Online-Spiele zu setzen.

Viele der Aussteller in Leipzig nutzen die GCO demnach auch eher als Testlauf für die Messe in Köln, wo sie ebenfalls präsent sein werden. Somit ist verständlich, dass der Leipziger Messechef Marzin ganz genau beobachtet, was in Köln passiert. Sollte die Messe dort nicht perfekt ablaufen, wird sich Leipzig sofort wieder verstärkt um eine Rückverlegung bemühen.

Das würde problematisch werden, wenn die Leipziger nicht einmal ihre eigenen Probleme nicht in den Griff kriegen. Auf Dauer wird sich wohl nur eine Messe bewähren, da die Märkte von Onlinegames und klassischen Computerspielen immer weiter zusammen wachsen. Es klang dann auch ein wenig verbittert, als Marzin kämpferisch tönte: "Wir kümmern uns nicht um irgendwelche Kopien von alten Games Conventions, sondern um die Zukunft."

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