Unterkunft für "Mütterdank": Die Häuser des Herrn Rieger im Norden

In Norddeutschland und Schweden nutzt der NPD-Multifunktionär Gebäude für seine obskuren Vereine und seine Firma.

Die Stadt Delmenhorst kaufte dieses Hotel, damit es nicht in Riegers Hände fiel. Später musste sie es abreissen. Es fand sich kein Investor. : dpa

HAMBURG taz Im Norden unterhält der NPD-Bundesvize Jürgen Rieger mehrere Immobilien. Erbschaften und Geldanlagen haben ihm den Besitz ermöglicht. Die Immobilien nutzt Rieger, auch mit seinen Vereinen und seiner Firma, für politische und private Zwecke.

Schleswig-Holstein: In Hummelfeld gehört ihm ein Fachwerkhaus. Gesinnungsgenossen kommen dort zusammen. Anwohner betonen aber: "Da ist kaum was los". Ein Bauernhof erwarb Rieger in Ockholm, bisher wurde er nicht politisch genutzt.

Hamburg: In Blankenese hat er in seiner Villa seine Kanzlei. Eine weitere Villa bot er vor Kurzem im Internet zum Kauf an. Ein Mehrfamilienhaus nutzt sein Verein "Mütterdank" in Harburg. Der Verein will kinderreiche deutsche Familien fördern.

Niedersachsen: In Wolfsburg versucht Rieger in einem ehemaligen Möbelgeschäft ein "Kraft durch Freunde"-Museum zu errichten. Die Stadt hofft, die Besitzer noch vom Handel abbringen zu können. In Dörverden erwarb Rieger für seine Firma "Wilhelm Tietjen Stiftung" den "Heisenhof", den er zu einem "Schulungs- und Fruchtbarkeitsforschungszentrum" ausbauen will. Auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände gibt es Bunker und einen Schießstand. Ein Rechtsstreit über Nutzung und Abriss der Gebäude läuft. In Kakenstorf nutzt "Mütterdank" ein weiteres Haus für Familien. Ein Gebäudekomplex mit Kino, Wohnungen und Ladengeschäften gehört Rieger in Hameln. Kameraden sind eingezogen. Ein juristisches Tauziehen um die Nutzung läuft. Die Umzugsfirma "Lamers" hat dort ihr Büro. Für 2,5 Millionen bietet Rieger die Immobilien dennoch zum Kauf an. In Rodenberg überschrieb die ehemalige Unternehmerin Ilse Frey Rieger ein Fachwerkhaus.

Schweden: In Sveneby gehört ihm ein Gutshof mit einem rund 650 Hektar großen Gelände. Mit deutschen Familien wollte er dort siedeln, um unbeeinflusst von "Umerziehung und Überfremdung" zu leben. Das Projekt scheiterte. EU-Mittel konnte er dennoch einstreichen. Reiki- und Yoga-Seminare sollten stattfinden. Nachdem die taz darüber berichtete, fielen sie aus.

Riegers Masche: Wenn Immobilienbesitzer Rieger als Käufer ins Spiel bringen, ist schwer zu sagen, ob der Neonazianwalt auch wirklich kaufen will. Oft glauben die Gemeindeverwaltungen, dass gewiefte Besitzer versuchen, den Preis für ihre häufig marode Immobilien in die Höhe zu treiben. Eventuell könnte das auch mit Rieger abgesprochen sein, und beide Seiten teilen den Gewinn, wenn eine Gemeinde das Objekt zum überhöhten Preis kauft. Die staatlichen Behörden wagen in diesen Fällen oft keine klare Aussage. Niemand will dafür verantwortlich sein, wenn Rieger doch einmal ein Zentrum eröffnet. In Niedersachsen erlebte die Stadt Delmenhorst so ein Immobilienpoker. Für rund 3 Millionen kaufte sie dem Eigentümer ein Hotel ab. Später folgte der Abriss, da kein Nutzer gefunden wurde. Die Gemeinde Melle in Niedersachsen konnte Rieger kostengünstiger vergraulen. Dort wollte er angeblich ein altes Bahnhofsgebäude erwerben. Mit neuen Regelungen konnte die Stadt die Bebauungspläne und Nutzungsmöglichkeiten für den über 100 Jahre alten Bahnhof eingrenzen. Der "bahnaffine" Charakter des Gebäudes hätte in jedem Fall bewahrt bleiben müssen. Jürgen Rieger trat daraufhin vom Vertrag zurück.

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