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Kommentar Wahlplakat der CDUAha, Titten

Ines Kappert
Kommentar von Ines Kappert

Politikerinnen werden ständig nach ihren Aussehen beurteilt, dürfen selbst aber nicht mit ihrer Weiblichkeit spielen. Doch die Attacke der CDU-Frau hilft gegen diesen tief verwurzelten Sexismus nicht.

W ir haben mehr zu bieten." Selbstbewusst präsentiert sich Vera Lengsfeld (CDU) auf ihrem Wahlplakat für die Bundestagswahl neben Chefin Merkel.

Dabei zeigt sie ebenso viel nacktes weibliches Fleisch wie diese damals bei der Operneröffnung in Oslo. Welch Aufschrei ging damals durch die deutschen Medien: Die mächtigste Politikerin Deutschlands wagt es, uns ihren gewaltigen Busen unter die Nase zu halten. Und das in ihrem Alter!

Merkel hatte mit ihrer zutiefst ausgeschnittenen Abendrobe gleich zwei Tabus auf einmal gebrochen. Erstens: Frauen, die im Männergeschäft ernst genommen werden wollen, haben ihre Weiblichkeit mit Strenge zu kompensieren. Ansonsten werden sie mit dem Verdacht der Promiskuität belegt (hat sich hochgeschlafen). Zweitens: Das Abendland sieht die begehrliche alte Frau noch immer als Inbegriff des Ekelhaften. Nachzulesen bei Horaz oder beim Bild-Kolumnisten F. J. Wagner.

taz

ist Redakteurin im Meinungsressort der taz.

Die alleinige Botschaft des Plakats: In der CDU sind wir Frauen selbstbewusst und wir sind viele. Ihr Männer könnt euch jetzt warm anziehen. Mit "ihr Männer" ist im Berliner Wahlbezirk Friedrichshain-Kreuzberg Christian Ströbele gemeint.

Ströbele ist hier eine Ikone. Zwei Direktmandate hat er bereits für die Grünen geholt. Hat Lengsfeld jenem unermüdlichen Juristen nichts anderes entgegenzuhalten als ihre Weiblichkeit? Das wäre erbärmlich.

Wer ein politisches Duell auf die Geschlechterdifferenz reduziert - der ist tatsächlich nicht ernst zu nehmen. Und es ist ganz sicher kein gelungener Ausweis eines neuen weiblichen Selbstbewusstseins, dem Chauvinismus in der Politik den eigenen Busen oder - wie Halina Wawzyniak (Die Linke) es auf ihrem Plakat tut - den eigenen Po entgegenzuhalten.

So angenehm die parteiübergreifende Attacke auf die tief verwurzelte Prüderie ist:Als Politikersatz taugt sie nicht.

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Ines Kappert
Gunda-Werner-Institut
leitet seit August 2015 das Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie der Heinrich-Böll-Stiftung.   Mich interessiert, wer in unserer Gesellschaft ausgeschlossen und wer privilegiert wird - und mit welcher kollektiven Begründung.   Themenschwerpunkte: Feminismus, Männlichkeitsentwürfe, Syrien, Geflüchtete ,TV-Serien.   Promotion in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft zu: "Der Mann in der Krise - oder: Konservative Kapitalismuskritik im kulturellen Mainstream" (transcript 2008).   Seit 2010 Lehrauftrag an der Universität St. Gallen.
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14 Kommentare

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  • K
    kaleb

    Das ist der Kniefall der ältlichen Protestantentochter Merkel vor dem Mainstream.

    Der Titten-Hype stammt aber eigentlich von den Springer-Journalisten, die sich damit eigentlich nur bei den Ludern vom Kiez einschleimen wollen.

    Das zeigt, dass die Springerschreiber im Kiez geschnitten werden, obwohl sie sich immer gerne als regionale und überregionale Volksstimme gebärden.

    Niemand mag sie.

    Oder mag hier jemand die Springerschreiberlinge?

  • OB
    Onkel Bernd

    Das Blog Mädchenmannschaft versagt bei der Diskussion zum Thema leider völlig, weil sie Kommentare und ihre eigenen Antworten darauf löschen. Betroffen sind:

    http://maedchenmannschaft.net/wir-haben-mehr-zu-bieten/#comment-17123

    http://maedchenmannschaft.net/wir-haben-mehr-zu-bieten/#comment-17124

    und

    http://maedchenmannschaft.net/wir-haben-mehr-zu-bieten/#comment-17127

    sowie die Antwort von Susanne darauf zumn Thema "Meinungsressort in der taz".

     

    Ich habe mich dort mit Kommentar 17185 beschwert. Mal sehen, ob sie so sportlich sind und den zulassen.

  • D
    DietmarW

    SO VIEL real existierender Sozialismus war nie: Volks Eigene Busen bei der Frauen-Unuion!

  • O
    ole

    @Christian

     

    Ihren Kommentar finde ich ebenfalls naiv und dumm. Glauben Sie denn wirklich, daß ein Politiker über 40% Erststimmen für ein Direktmandat für NICHTS bekommt? Etwa wegen seiner Seyfried-Plakate? Sorry, da unterschätzen sie die Wähler hier ein wenig. Ich kenne einen Großteil der Leute hier im Kiez (Ortsteil Friedrichshain). Und die meisten sind sehr wohl in der Lage die Positionen von H.C.Ströbele differenziert zu betrachten und auch nicht zu allen Punkten ja und amen zu sagen. Und die meisten gehen nicht einfach mal zur Wahl und wählen, weil es hier "in" oder "hipp" ist. Die überlegen sich schon ziemlich genau, wo Erst -und Zweitstimme hingehen.

  • BB
    Bodo Bender

    Das Plakat der Frau Längsfeld ließe ich mir dann gefallen, wenn diese Frau in der Vergangenheit als witzig-souverän aufgefallen wäre. Aber dem ist bei dieser sauertöpfischen, leicht vergrämten Dame gerade eben nicht der Fall.

     

    Also lässt sich vermuten, dass irgendein, im Zweifel männlicher, Werbestratege sich diesen tollen Einfall aus den Fingern gesogen hat, nachdem er ein Dutzend Bierchen bei seinem Männerstammtisch mit den üblichen Männner-Kneipe-Witzen verkonsumiert hat.

  • C
    Christian

    Naiv und dumm ist, wer glaubt, Ströbele würde aufgrund seiner politischen Positionen gewählt. Die sind selbst in Friedrichshain-Kreuzberg kaum mehrheitsfähig und in seiner eigenen Partei auch nicht. Aber wer kennt schon seine Positionen. Ströbele kennt nur jeder und er wird mit Kreuzberg assoziiert. Das könnte sich jetzt etwas geändert haben.

    Ach und Frau Lengsfeld vertritt klare politische Positionen, über die man sich auch leicht im inzwischen vielfrequentierten Blog www.waehlt-vera.de informieren kann.

  • P
    pekerst

    "Es wäre erbärmlich, wenn Vera Lengsfeld ihrem politischen Gegner nicht mehr entgegenzusetzen hätte als ihre Weiblichkeit, meint Ines Kappert"

     

    Könnte es nicht sein, dass sich die Erbärmlichkeit von Vera Lengsfeld sich genau darin ausdrückt, dass sie keine politischen Aussagen zu bieten hat, sondern - nein, nicht "ihre Weiblichkeit", sondern lediglich die Tatsache, dass sie eine Frau ist.

  • AH
    Achim Hohlfeld

    Wenn Frau Lengsfeld kein anderes schlagendes Argument als das ihres Busens einfällt, dann ist das erstens sexistisch und zweitens peinlich. Ach ja: Drittens auch noch unwählbar.

  • PW
    Peter Welk

    Vor ein paar Jahren startete eine große Elektronikmarkt-Kette eine Werbekampagne mit dem Slogan "Manchmal ist mehr drin als man denkt". Verglichen mit späteren Kampagnen waren die Spots witzig und originell und transportierten eine klare Botschaft. So haben sie sich vielen dauerhaft eingeprägt.

    Vielleicht geisterte dieser Slogan auch noch durch Vera Lengsfelds Hinterkopf, als sie sich überlegte, wie sie Christian Ströbeles Dominanz in Kreuzberg-Friedrichshain angreifen kann. So mag sie auf den Slogan "Wir haben mehr zu bieten" vor dem Hintergrund von Merkels und ihrem eigenen Dekolleté gekommen sein.

    Man mag nun darüber streiten, ob sich bei männlichen Wählern angesichts dieses Wahlplakats außer niederen Instinkten sonst noch etwas regt, aber mit Massenaufläufen notgeiler Männer vor den Plakaten ist eher nicht zu rechnen. Klar ist auch, dass man der Schillerfigur Ströbele mit seinen kunterbunten Plakatcartoons nicht mit biederen "Zukunft für Deutschland"-Slogans Paroli bieten kann. Greifbare politische Ziele wurden noch nie auf Wahlplakaten vermittelt, auch hier geht Ines Kapperts Kommentar ins Leere.

    Dass Wahlkampf Marketing ist und damit ein Ideenwettbewerb um die beste Eigenwerbung, das haben bis heute nur allzu wenige Politiker in Deutschland kapiert. Die meisten Wahlplakate vermögen daher nicht einmal den gelangweiltesten Dackel hinterm Ofen hervorzulocken.

    Frau Lengsfeld verprellt mit ihrem augenzwinkernden Auftritt vielleicht ein paar Feministinnen, denen jedes Kokettieren mit Weiblichkeit ein Dorn im Auge ist; aber sie gewinnt bei weit mehr Wählern Sympathien. Und ihr Plakat schafft etwas, was sonst fast keinem gelingt: Aufmerksamkeit zu erzeugen. Dass sie dafür ein Motiv wählt, das (übrigens sehr dezent) mit weiblicher Sexualität spielt, zeigt nur ihr Gespür für Trends in unserer Gesellschaft.

    Gegen Ströbele wird Vera Lengsfeld trotzdem nicht bestehen. Denn der steht für mehr als nur gute Wahlplakate.

  • K
    kitty

    Nein, Busenfotos sind kein adäquates Mittel des Wahlkampfes. Selbst Schuld, wer drauf reinfällt.

     

    Aber ich hab auch echt keine Lust mehr, ununterbrochen hier was von "unappetitlich großen Brüsten" oder ähnlichem zu lesen!

    Wer hier auf was im Bett steht, ist echt scheißegal, aber "großer Busen = eklig" zu schreien ist plumpe Diskriminierung von Menschen aufgrund von Dingen, für die sie nichts können. Oder hat sich einer von euch Typen seine Penislänge ausgesucht???????????

  • PB
    Pater Braun

    "Zwei Direktmandate hat er bereits für die Grünen geholt." Wie das wohl geht? Oder meint Frau Kappert, zweimal ein Direktmandat zu holen sei dasselbe wie "zwei Direktmandate zu holen"?

  • E
    Eric

    "moslem.blogger.de" weiß nicht anders auf diesen Kommentar zu reagieren, als mit Beleidigung. Das ist zwar an sich schon ein Armutszeugnis, das gelöscht werden könnte. Aber Frau Kappert zu "Euch hyperintellektuellen Christinnen" zu rechnen, zeigt, dass er (sie?) Frauen gern als Dummchen hätte und schon einfache Sätze für Wissenschaft hält. Nicht jede Frau mit deutschem Namen ist bereits eine Christin, genauso wenig wie jede "Ayşe" bereits Muslima.

  • M
    moslem.blogger.de

    Aber sischa, Ines!

    Euch kopftuchlosen tazlerinnen kann man(n sowieso nich) nie was recht machen. Zeigt jemand seine Titten, issas schlecht, zeigt man sie nicht, isses Unterdrückung der Frau. Sagt man was, is man böse, sagt man nix, is man ein voyeuristisches Schwein.

     

    Der Unterschied zwischen den mondgesichtigen Türbanträgerinnen und Euch hyperintellektuellen Christinnen ist: Euer Kopftuch ist unter dem gewöhnlichem Lichtspektrum unsichtbar - es liegt direkt auf dem Gehirn.

     

    Amen.

  • P
    Peter

    Sicherlich taugt ein Körperteil nicht als Politikersatz. Mir persönlich ist auch der Po von Halina lieber als die (unappetitlich großen) Brüste der CDU-Damen.

    Zumindest aber ist so eine Aktion für den/die eine/n oder andere/n ein Anreiz, sich doch mal näher mit dem zu befassen, was von diesen Politikerinnen so vertreten wird. Und so springt einem auf der Homepage von Frau Lengsfeld der Spruch entgegen: "Freiheit und Fairness statt Gleichheit und Gerechtigkeit". So, und nun kann man sich überlegen, ob man noch weiterlesen möchte, oder ob man zu der Frau wechselt, die einen A... in der Hose hat.