Landwirtschaft: Gen-Raps blüht Ärger

Niedersachsens Umweltministerium muss offen legen, welche Äcker mit genverändertem Raps verunreinigt sind. Auch anderen Ländern drohen nun Klagen.

Weiß in Niedersachsen bald jeder: Wo Gen-Raps wächst. Bild: dpa

Gen-Rapsflächen müssen in Niedersachsen zukünftig öffentlich gemacht werden. Das ist das Ergebnis der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Hannover am Dienstag. Der Klage des ökologischen Anbauverbands Bioland und von Greenpeace wurde bereits im Januar durch das Verwaltungsgericht Braunschweig stattgegeben.

Damals wurde das staatliche Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig verurteilt, diejenigen Standorte offen zu legen, auf denen im Herbst 2007 kontaminiertes Raps-Saatgut ausgebracht worden war. Das zuständige Umweltministerium aber blockte - bis Dienstag. Erst wenige Stunden vor der Verhandlung in Hannover erklärte sich die Behörde bereit, Flurstücke mit Gen-Raps im Land anzugeben.

"Für Biolandwirte und Imker ist es existenziell wichtig zu erfahren, wo Genpflanzen ausgesät worden sind", sagt Harald Gabriel, Geschäftsführer von Bioland. Angezeigt werden solche Flächen mit Genpflanzen auf der Homepage des Bundesministeriums für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). "Allerdings zählt das Standortregister nur die Versuchsfelder auf", kritisiert Martin Hofstetter von Greenpeace. Die kontaminierten Flächen, also unabsichtlich verunreinigte Äcker, führt die Internetseite nicht auf. Der Grund: Aus Angst vor Konsequenzen für die betroffenen Landwirte legen die Länder die Flächen nicht offen. Das niedersächsische Urteil könnte diese Informationspolitik bundesweit verändern. Auch in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern klagt Bioland derzeit auf die Offenlegung der Gen-Raps-Standorte.

Große Chemiekonzerne wie Bayer oder BASF entwickeln genveränderte Pflanzen, um sie resistent gegen Herbizide zu machen.

Taurus, das kontaminierte Rapssaatgut vom Herbst 2007, ist resistent gegen das umstrittene Bayer-Herbizid Glufosinat.

Unkontrolliert breiten sich Gen-Pflanzen aus. Insekten mögen Raps. Sie tragen den Pollen über weite Strecken und fördern so die Auskreuzung.

Über zehn Jahre überdauern Rapssamen im Boden und bleiben keimfähig. Einmal mit genveränderten Pflanzen kontaminierte Böden gefährden den konventionellen Anbau also langfristig.

In den drei Nordländern war auf weit mehr als 1.000 Hektar Raps-Saatgut der Sorte Taurus ausgesät worden. Diese war mit illegalem Gen-Raps verunreinigt. Eine Rückrufaktion der Saatgutfirma kam für 65 landwirtschaftliche Betriebe zu spät. Das BVL ordnete damals an, auf den betroffenen Flächen für zwei Jahre keinen Raps anzubauen und Nachkontrollen durchzuführen. Diese zwei Jahre sind seitdem ins Land gezogen. Theoretisch könnten die Landwirte also wieder konventionellen Raps säen. Kritiker aber mahnen zur Vorsicht. "Rapssamen bleiben bis zu zehn Jahre im Boden - wie bei einer Saatgutbank", sagt Hofstetter.

Genveränderte Pflanzen seien besonders hartnäckig und deshalb schwer zu beseitigen. Das größte Problem sehen ökologische Landwirte in der so genannten Auskreuzung. Konventionelle Kulturen können sich dabei durch Befruchtung per Pollenflug verändern. Tests haben gezeigt, dass solche Pflanzen wiederum den Organismus von Tieren beeinflussen, beispielsweise die Fruchtbarkeit bei Mäusen.

Das Ministerium für Bildung und Forschung rät besorgten Rapsbauern, einen zehn Meter breiten Streifen mit konventionellen Pflanzen um das Feld mit genverändertem Raps zu bauen. Das sei effektiver als Isolationsabstände, lautet die Empfehlung.

Ganz anders sieht das Anne Klatt von den Grünen Mecklenburg-Vorpommern. "Die Risiken der Auskreuzung von gentechnisch veränderten Eigenschaften sind nicht kalkulierbar." Außerdem werde deutlich, dass gentechnisch in die Pflanzen eingebrachte Gifte gegen Insekten in den Boden gelangen. "Gentechnische Veränderungen können zudem Allergien auslösen", sagt Klatt.

Nach der erfolgreichen Klage in Niedersachsen fordern der Verband Bioland und Greenpeace weitere Offenlegungen. So wurde 2008 und 2009 bundesweit verunreinigtes Maissaatgut ausgesät. Auch hier haben die Bundesländer bisher eine Veröffentlichung der Standorte verweigert.

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