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Mehr VerurteilungenSchwarzfahrt in den Knast

Fahrgäste ohne Ticket müssen sich auf eine härtere Behandlung gefasst machen: 2008 wurden 8.500 von ihnen verurteilt, 22 Prozent mehr als 2007. FDP will Fahrverbot für notorische Schwarzfahrer.

"Guten Tag, die Fahrausweise bitte!" Wer das zu oft hört und nichts vorzeigen kann, landet irgendwann im Gefängnis. Bild: ZapTheDingbat/CreativeCommons BY 2.0 US

Schwarzfahrer landen häufiger vor Gericht: 8.511 Menschen wurden im Jahr 2008 wegen der "Erschleichung von Leistungen" verurteilt, sagte Bernhard Schodrowski, Sprecher der Senatsverwaltung für Justiz, am Sonntag. Das sind 22 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor. Rund 200 Personen sitzen derzeit im Gefängnis, weil sie ihre Geldstrafe nicht abbezahlt haben. Die FDP fordert nun stärkere Anstrengungen, um Schwarzfahrten so weit wie möglich zu verhindern - etwa durch Fahrverbote oder Personenschranken. Die Grünen wollen dagegen mehr Nachsicht mit Schwarzfahrern - und langfristig einen kostenlosen Nahverkehr für alle.

Rund 3,5 Prozent der Menschen, die mit S-Bahn, U-Bahn, Tram oder Bus fahren, haben bei Kontrollen kein gültiges Ticket dabei, so die Erfahrung der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). In mehr als 500.000 Fällen erwischen die Kontrolleure pro Jahr solche Personen (siehe Kasten). Wer innerhalb von drei Monaten dreimal ohne Ticket erwischt wird, muss mit einer Strafanzeige rechnen.

Der FDP-Abgeordnete Albert Weingartner verweist darauf, dass inzwischen alle Nutzer eines Busses ihr Ticket beim Einsteigen vorzeigen müssen: "Das ist eine sinnvolle Maßnahme gegen das Schwarzfahren." Entsprechend regt er an, auch in der U-Bahn nur Fahrgäste mit gültigem Ticket in die Bahn zu lassen. "In Paris und London gibt es bereits ein geschlossenes System mit festen Zugangsschranken für alle Passagiere, das sollte man durchaus auch hier einmal in die engeren Überlegungen mit reinnehmen." Fahrgäste müssen dort erst ein gültiges Ticket in die Automaten einführen, damit der Zugang in den Untergrund sich für sie öffnet. Das System ist allerdings mit hohen Investitionen verbunden und lässt sich auf den ebenerdigen U-Bahn-Stationen kaum verwirklichen - dort könnten Schwarzfahrer über die Schienen auf den Bahnsteig kommen.

Außerdem regt Weingartner Hausverbote für Schwarzfahrer an. Ganz nach dem Vorbild von Kaufhäusern, in denen die erwischten Ladendiebe sich auch nicht mehr sehen lassen dürfen. "Wer mehrfach in einem Vierteljahr erwischt wird, dann sollte man ein Fahrverbot in Betracht ziehen", so Weingartner.

Laut Justizsprecher Schodrowski würde dann nicht nur wegen Schwarzfahrens, sondern auch wegen Hausfriedensbruchs ermittelt. "Das wäre natürlich eine Verschärfung", sagte er. Doch die Entscheidung liege bei der BVG und der S-Bahn, ob sie Hausverbote gegen Schwarzfahrer aussprechen wollen.

Der Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux nennt Schwarzfahren dagegen eine "Bagatellkriminalität" und fordert Milde statt Haft: "Man könnte da in vielen Fällen auch ein Auge zudrücken." Man sollte die Verfahren häufiger wegen geringer Schuld des Täters einstellen, meint er. Das könne auch unter bestimmten Auflagen geschehen - etwa gemeinnütziger Arbeit. Dieses Mittel sollte viel häufiger genutzt werden, findet er. "Nur die wirklich ganz renitenten Schwarzfahrer sollten ins Gefängnis."

Langfristig ist er überhaupt für ein anderes Modell: kostenlosen Nahverkehr für alle. U- und S-Bahn würden dann allein über Steuern finanziert werden. "Dafür braucht es aber einen breiten Konsens, den ich jetzt noch nicht sehe."

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1 Kommentar

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  • P
    Pingel

    Oh weh, Schodrowski ist tasächlich bei SenJust gelandet.

    Nichts für ungut, vergesst meinem Kommentar von eben.