piwik no script img

Kinderbericht des OECDReiches Land, armer Nachwuchs

Obwohl Deutschland für den Nachwuchs so viel Geld ausgibt wie nur wenige OECD-Länder, gehört es bei der Chancengleichheit zu den Schlusslichtern.

Der Staat investiert viel Geld in sie: Kinder in Deutschland. Bild: ap

Familienverbände fordern seit Jahren mantraartig mehr Staatsausgaben für Kindern in Deutschland. Da überrascht es doch sehr, dass die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem ersten Kinderbericht feststellt: Deutschland investiert in den Nachwuchs 10 bis 20 Prozent mehr als andere Industriestaaten. Das Geld geht in Bildung, Dienstleistungen und direkte Finanztransfers.

Ein Grund zur Freude? Nein, wie Monika Queisser, Leiterin der Abteilung Sozialpolitik der OECD, am Dienstag bei der Vorstellung der Studie in Berlin mahnte. Trotz der hohen Summen für Kinder lebt fast jedes sechste Kind in Deutschland in relativer Armut. Der OECD-Durchschnitt liegt bei jedem achten Kind.

Wohin ist also das ganze Geld verpufft? Deutschland gibt pro Kind bis zu seinem 18. Geburtstag durchschnittlich rund 101.000 Euro aus. Weil die OECD es nicht schaffte, aktuelle Statistiken aus allen Ländern zusammenzusammeln, stammt die Zahl aus dem Jahr 2003.

Ein beachtlicher Teil der öffentlichen Mittel geht direkt an die Eltern: 40 Prozent. Unter den OECD-Ländern liegt der Anteil nur in Luxemburg und der Slowakei so hoch.

Offensichtlich ist es doch keine so gute Idee, Geld direkt an die Erziehungsberechtigten zu zahlen. Das ist natürlich eine umstrittene Aussage, werden doch Klischees von Eltern, die lieber Zigaretten statt Obst für ihre Familien kaufen, gern und oft eingesetzt. Der Deutsche Kinderschutzbund kämpft schon lange gegen dieses Vorurteil an. Auch ein Berliner Hartz-IV-Berater berichtete kürzlich aus seiner Erfahrung: "Wenn die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder erhöht werden - es gibt ja immer Ausnahmen -, füllen die meisten Eltern erst mal den Kühlschrank.

Der Blick muss in Richtung indirekte Transfers gehen. Dänemark - einmal mehr sind die Skandinavier Vorbild - gibt nämlich nur 20 Prozent der Summen für Kinder in Form von Direktzahlungen aus. Der Rest geht überwiegend in Bildung und Betreuungsangebote. In Dänemark ist, so die Folge, nur jedes 37. Kind von relativer Armut betroffen. "Mehr Investitionen in frühkindliche Bildung könnten zu einer Reduzierung von Ungleichheit beitragen", sagte Queissner von der OECD.

Vor allem Alleinerziehende, die samt ihren Kindern in Deutschland überdurchschnittlich oft von Armut betroffen sind, könnten davon profitieren. Alarmierend und fast schon peinlich ist, dass in Deutschland die Armutsrate unter Alleinerziehenden weit höher ist als in anderen OECD-Ländern. Im Schnitt sind in Deutschland 40 Prozent der Mütter oder Väter, die allein mit ihren Kindern leben, arm - im OECD-Schnitt sind es 30 Prozent. "Deutschland sollte seine Transfers stärker auf bedürftige Kinder und deren Familien konzentrieren", erklärte Queisser. Das mag stimmen.

Doch viel mehr würde es Kindern mit nur einem Elternteil helfen, wenn Vater oder Mutter einen Job ausüben könnten - einer der Schlüssel für den Weg aus der Armut. Und einen Job kriegt man nur, wenn das Kind einen Platz in einer Kita oder Gesamtschule bekommt. Hier sind wir wieder beim mangelnden Betreuungsangebot.

Und genau hier ist es oft schwer, Länder zu vergleichen. Denn in Ländern, wie zum Beispiel Ungarn bis Mexiko über Polen, Korea oder Japan, genaue Statistiken über Kinder zu sammeln ist schwierig, wie das Datensammeln für den ersten Kinderbericht der OECD zeigte, so Queisser. Ein weiterer trauriger Punkt, der aber nicht nur Deutschland betrifft: "In Statistiken sind Kinder praktisch unsichtbar."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

16 Kommentare

 / 
  • M
    Momo

    Vergleich Deutschland Dänemark

    Kindergeld :

    0-3 Jahre Dänemark 180 Euro Deutschland 154 Euro

    3-6 Jahre 143 154

    7-17 Jahre 119 154

     

    Elterngeld

    Dänemark 6 Monate 100%

    6 Monate 90%

     

    Also in den ersten Jahren ist die direkte finanzielle Förderung in Dänemark wesentlich höher, und bedenkt man die hohen Kosten für Schülerbeförderung, Schulessen und Betreuung hier zu Lande, dann stehen die Dänischen Eltern finanziell wesentlich besser da.

    Eine viel spannendere Frage ist, wo versickert das Geld in der Familienförderung.

    Wo bleibt die Transparenz. Wieso kommt das angeblich ausgegebene Geld nicht bei den Familien an ? Hier scheint es eine doppelte Buchführung zu geben.

  • W
    WaltaKa

    Nur ein Hinweis zur Chancengleichheit im Lande: arme Menschen (z.B. Hartz 4, Arbeitslose, Niedrigstlöhner usw) bekommen im 1. Jahr nach der Geburt 300,-€ des vielgerühmten Elterngeldes. Dann aus. Wer gut bis sehr gut verdient, kann bis zu 1800,-€ für ein Jahr erhalten.

    D.h. die Regierung zementiert dadurch ja die Chancenungleichheit, wenn man diese über die finanziellen Möglichkeiten der Familien definiert.

    Viele Familien sind durch die sogen. 'Arbeitsmarktreformen' (=Agenda 2010) von Rot/Grün erst arm geworden. S. o.: Hartz 4, Niedrigstlöhne usw.

    D.h. Chancengleichheit hat mit Kinderarmut zu tun (ca 2,5 Millionen Kinder im Lande zählen als arm, allein unter Rot/Grün wurden es 1 Million mehr). Kinderarmut hat mit Armut der Eltern zu tun; diese ist meistens Folge politischer Entscheidungen(Zur Erinnerung: ca. 11 Millionen Menschen im Lande zählen als arm!).

    Armut wurde zur Massenerscheinung als Folge rot/grüner Politik, mit tatkräftiger Unterstützung von CDU/FDP im Bundesrat.

    Mit dem Modebegriff 'Bildungsarmut' wird erfolgreich versucht zu verschleiern, um was es wirklich geht. Massive finanzielle Verarmung von immer mehr Menschen!

    Womit wir wieder am Anfang wären: Politik beklagt sich über etwas, das Folge der Handlungen der Politiker sind.

    Die Folgen tragen die Menschen, also auch die Kinder.

    Wer dies verschweigt, heuchelt.

     

    Meine Meinung zu den Hartz 4-Leuten, die das Geld angeblich versaufen: das mag es schon geben. Unerhört finde ich allerdings die Versuche, diese Sichtweise generell auf Hartz 4-Bezieher anzuwenden. Sollen durch diese Generalisierung nicht nur Wirkung und Ursache vertauscht werden?

    Zurück zur politischen Verantwortung: kann es nicht auch so sein, dass bei manchen Menschen eine durch politische Entscheidungen (s. z.B. Agenda 2010) erzeugte Ausweglosigkeit aus ihrer Situation entstanden ist und dies erst zu den 'Verslumungserscheinungen' bei Einzelnen und in manchen Familien führt?

    Glaubt hier wirklich jemand, dass das bewußte erleben eines zum Teil massiven sozialen Abstiegs jemandem, der dann zu einer Hartz 4-ARGE muß, Spaß macht? Wo am Eingang auch gleich die Security steht?

    Nachweislich ist ja zumindest, daß, wer in Hartz 4 fällt, kaum Chancen hat, daraus zu entkommen.

    Wenn man sich mit den Bedingungen des SGB II (u.a. Hartz 4) auseinandersetzt und den betroffenen Menschen zuhört, erschließt sich dies auch.

  • IL
    Ingo Loeding Kinderschutzbund

    Deutschland gibt enorm viel Geld für das Ehegattensplittung aus und nicht vorrangig für die Kinder. Dieses Geld ist in den Zahlen immer drin und das verstellt den Blick auf die Kinderarmuts-Diskussion. Richtig ist, Kinder zu fördern im Steuersystem und Kinder öffentlich zu betreuen aber dann muss es auch entsprechend gut bezahlte Arbeit gerade für Alleinerziehende geben.

  • D
    Danna

    Nur Statistiken, die ich selber gefälscht habe, kann ich glauben ...

     

    Hier werden geflissentlich Relationen übersehen!

     

    Wenn deutsche arme Familien von etwas mehr Kindergeld bzw. Kinderregelsatz zuerst einmal den Kühlschrank füllen, dann könnte dies daran liegen, daß das angebliche Existenzminimum Hartz IV keines ist (sondern nachweislich falsch berechnet und kleingerechnet wurde) und nicht etwa die Gier der Eltern. Tatsächlich versuchen sich viele Familien/Alleinerziehende bisher mit weggeworfenen Lebensmittel (à là Tafel) zu behelfen, oder essen ab Mitte des Monats nur noch Nudeln mit Sosse. Gibts mehr Geld, wird erst einmal halbwegs normal gegessen. Daß so wenig von diesem Geld woanders als in den Mägen der Kinder landet, liegt ergo zuvorderst daran, daß man der gesamten Familie das tatsächliche Existenzminimum in diesem Lande vorenthält!

     

    Zudem kann ich das Gerede von frühkindlicher Bildung etc. kaum noch ertragen. SELBSTVERSTÄNDLICH muß da investiert werden, allerdings ZUSÄTZLICH und PARALLEL zu einer ordentlichen Versorgung aller nicht mehr "frühkindlichen" Personen.

     

    Geld für beides wäre schon da, hätte man aus Hartz IV nicht den rudelbumsenden Moloch gemacht, der er ist. Wo zigtausende von Menschen 4x im Jahr zu einem Bewerbungsanschreiben- oder PC-Kurs zwangsantreten müssen, darunter auch studierte ITler oder ehemalige Personaler, weil sie so so wunderschön aus den Statistiken herausfallen, quietscht zu viel Geld im System, wo es nicht hingehört. Gleiches gilt für die unsägliche Anzahl an Prozessen, die ebenfalls unglaublich hohe Summen verschlingen und unnötig wären, würden Sachbearbeiter mit Verstand und guter Ausbildung eingesetzt und die schlimmsten Lücken und Gummiparagraphen aus dem Gesetz endlich entfernt.

     

    Hier gehört auch endlich einmal hinein, die Augen nicht mehr davor zu verschließen, daß wir dauerhaft auf rund 1/3, langfristig sogar die Hälfte aller Erwerbsfähigen arbeitstechnisch werden verzichten können. Essen, in Würde leben und anerkannt sein, wollen diese Menschen jedoch auch. Keiner der Entscheider in diesem Land beschäftigt sich auch nur ansatzweise mit DIESEM Problem, das dafür sorgen wird, daß eben auch 1/3 der bestausgebildetsten heutigen Kinder, in 20 Jahren keine Arbeit haben werden.

     

    Wer übrigens skandinavische Länder zum Vergleich heranzieht, sollte parallel auch nachschauen, auf wessen Kosten die skandinavischen Länder ihre Bruttosozialprodukt und ihre Beschäftigungszahlen erreichen. Die Stichworte "Nokia" oder "dänische Schlachtketten" dürfte dabei weiterhelfen.

     

    Relationen, tja.

  • A
    AnnHolt

    Mich würde interessieren, wie andere Länder mit der Mehrwertsteuer umgehen. Soweit ich es verstanden habe, ist das Kindergeld bei uns der Ausgleich für die Mehrwertsteuer, die Eltern für die Anschaffungen bezahlen, die nur die Kinder betreffen. Wenn man auf typische Kinderartikel weniger oder keine Mehrwertsteuer zahlen müsste, wenn auch zum Beispiel Kinder bei der Benutzung von Verkehrsmitteln nichts zahlen müssten, wäre ich unbedingt für viel weniger direkte, dafür indirekte Zahlungen, die der Bildung und Kindertagesstätten zugute kämen.

  • R
    richtigbissig

    Das hört sich ja noch einer großartigen Leistung an, wenn 40% an die Eltern fließen. Wie sieht es denn bei dieser "unerklärten" Prozentzahl mit den Hilfen zur Erziehung aus, die pro Kind unter Umständen bis zu 10000 Euro kosten und im Prinzip nur den Sozialpädagogen die Arbeitsplätze und der Kirche die Umsätze sichern, sind die "Teil" der 40%...man muss es wohl annehmen. Wie wäre es denn, wenn man diese in der Regel vergeudeten Gelder einfach TATSÄCHLICH in die Familien investiert? Wer Verhältnisse verursacht, die Familien ins Elend zwingen, kann sich nicht zum Richter über diese "angeblichen" Verschwender aufschwingen! Suppenküchen, abgelaufene Lebensmittel für Bedürftige gegen ENTGELD...wir dulden eine Elendsindustrie(die sich an der Not der Menschen bereichert) und natürlich müssen auch Kinder diese abgelaufenen Lebensmittel essen! Wie wäre es mit freier Bildung und keinerlei Kosten für die Eltern, freies Mittagessen für alle Kinder unabhängig vom jeweiligen Einkommen der Eltern...freien Kindergärten...und bitte der ABSCHAFFUNG dieser Form von "Hilfe zur Erziehung"...zwischenzeitlich muss man wirklich JEDE Statistik hinterfragen. Ähnlich ist das übrigens bei der Frage des "Migrationshintergrundes", was heißt denn dieser Begriff statistisch wirklich? Sind das Kinder die in Deutschland geboren sind und einen ausländischen Elternteil haben oder eher zugezogene Ausländer ohne Deutschen Pass? Oder nehmen sie die Frage der Erziehungsfähigkeit von homosexuellen Paaren, warum ist diese Studie hauptsächlich mit lesbischen Paaren durchgeführt worden, wenn doch das Endergebnis objektiv für ALLE homosexuellen Paare gelten soll? Fragen über Fragen! Aus meiner Sicht gibt Deutschland wesentlich weniger aus, als ALLE anderen Länder in Europa, diese 40% kommen in keinem Fall den Familien wirklich zu gute.

     

    Liebe Grüße

    richtigbissig

  • R
    rajas

    Wenn ich als Alleinerziehender mein Kind in einer Ganztagsbetreuung unterbringen soll damit ich arbeiten gehen kann - wieso habe ich es dann bekommen? Um es ab dem Hort von Fremden erziehen zu lassen? Da scheiße ich lieber auf die paar Kröten vom Staat und erziehe mein Kind selbst.

  • N
    Nick

    "Mehr Investitionen in frühkindliche Bildung könnten zu einer Reduzierung von Ungleichheit beitragen"

     

    da im artikel von kinderarmut und materieller ungleichheit gesprochen wird nehme ich an dass eben diese hier gemeint ist... wie können dann mehr, bessere kindergärten (frucht besagter investitionen in frühkindliche bildung) die sie besuchenden armen kinder materiell bereichern?

  • M
    Momo

    Vergleich Deutschland Dänemark

    Kindergeld :

    0-3 Jahre Dänemark 180 Euro Deutschland 154 Euro

    3-6 Jahre 143 154

    7-17 Jahre 119 154

     

    Elterngeld

    Dänemark 6 Monate 100%

    6 Monate 90%

     

    Also in den ersten Jahren ist die direkte finanzielle Förderung in Dänemark wesentlich höher, und bedenkt man die hohen Kosten für Schülerbeförderung, Schulessen und Betreuung hier zu Lande, dann stehen die Dänischen Eltern finanziell wesentlich besser da.

    Eine viel spannendere Frage ist, wo versickert das Geld in der Familienförderung.

    Wo bleibt die Transparenz. Wieso kommt das angeblich ausgegebene Geld nicht bei den Familien an ? Hier scheint es eine doppelte Buchführung zu geben.

  • W
    WaltaKa

    Nur ein Hinweis zur Chancengleichheit im Lande: arme Menschen (z.B. Hartz 4, Arbeitslose, Niedrigstlöhner usw) bekommen im 1. Jahr nach der Geburt 300,-€ des vielgerühmten Elterngeldes. Dann aus. Wer gut bis sehr gut verdient, kann bis zu 1800,-€ für ein Jahr erhalten.

    D.h. die Regierung zementiert dadurch ja die Chancenungleichheit, wenn man diese über die finanziellen Möglichkeiten der Familien definiert.

    Viele Familien sind durch die sogen. 'Arbeitsmarktreformen' (=Agenda 2010) von Rot/Grün erst arm geworden. S. o.: Hartz 4, Niedrigstlöhne usw.

    D.h. Chancengleichheit hat mit Kinderarmut zu tun (ca 2,5 Millionen Kinder im Lande zählen als arm, allein unter Rot/Grün wurden es 1 Million mehr). Kinderarmut hat mit Armut der Eltern zu tun; diese ist meistens Folge politischer Entscheidungen(Zur Erinnerung: ca. 11 Millionen Menschen im Lande zählen als arm!).

    Armut wurde zur Massenerscheinung als Folge rot/grüner Politik, mit tatkräftiger Unterstützung von CDU/FDP im Bundesrat.

    Mit dem Modebegriff 'Bildungsarmut' wird erfolgreich versucht zu verschleiern, um was es wirklich geht. Massive finanzielle Verarmung von immer mehr Menschen!

    Womit wir wieder am Anfang wären: Politik beklagt sich über etwas, das Folge der Handlungen der Politiker sind.

    Die Folgen tragen die Menschen, also auch die Kinder.

    Wer dies verschweigt, heuchelt.

     

    Meine Meinung zu den Hartz 4-Leuten, die das Geld angeblich versaufen: das mag es schon geben. Unerhört finde ich allerdings die Versuche, diese Sichtweise generell auf Hartz 4-Bezieher anzuwenden. Sollen durch diese Generalisierung nicht nur Wirkung und Ursache vertauscht werden?

    Zurück zur politischen Verantwortung: kann es nicht auch so sein, dass bei manchen Menschen eine durch politische Entscheidungen (s. z.B. Agenda 2010) erzeugte Ausweglosigkeit aus ihrer Situation entstanden ist und dies erst zu den 'Verslumungserscheinungen' bei Einzelnen und in manchen Familien führt?

    Glaubt hier wirklich jemand, dass das bewußte erleben eines zum Teil massiven sozialen Abstiegs jemandem, der dann zu einer Hartz 4-ARGE muß, Spaß macht? Wo am Eingang auch gleich die Security steht?

    Nachweislich ist ja zumindest, daß, wer in Hartz 4 fällt, kaum Chancen hat, daraus zu entkommen.

    Wenn man sich mit den Bedingungen des SGB II (u.a. Hartz 4) auseinandersetzt und den betroffenen Menschen zuhört, erschließt sich dies auch.

  • IL
    Ingo Loeding Kinderschutzbund

    Deutschland gibt enorm viel Geld für das Ehegattensplittung aus und nicht vorrangig für die Kinder. Dieses Geld ist in den Zahlen immer drin und das verstellt den Blick auf die Kinderarmuts-Diskussion. Richtig ist, Kinder zu fördern im Steuersystem und Kinder öffentlich zu betreuen aber dann muss es auch entsprechend gut bezahlte Arbeit gerade für Alleinerziehende geben.

  • D
    Danna

    Nur Statistiken, die ich selber gefälscht habe, kann ich glauben ...

     

    Hier werden geflissentlich Relationen übersehen!

     

    Wenn deutsche arme Familien von etwas mehr Kindergeld bzw. Kinderregelsatz zuerst einmal den Kühlschrank füllen, dann könnte dies daran liegen, daß das angebliche Existenzminimum Hartz IV keines ist (sondern nachweislich falsch berechnet und kleingerechnet wurde) und nicht etwa die Gier der Eltern. Tatsächlich versuchen sich viele Familien/Alleinerziehende bisher mit weggeworfenen Lebensmittel (à là Tafel) zu behelfen, oder essen ab Mitte des Monats nur noch Nudeln mit Sosse. Gibts mehr Geld, wird erst einmal halbwegs normal gegessen. Daß so wenig von diesem Geld woanders als in den Mägen der Kinder landet, liegt ergo zuvorderst daran, daß man der gesamten Familie das tatsächliche Existenzminimum in diesem Lande vorenthält!

     

    Zudem kann ich das Gerede von frühkindlicher Bildung etc. kaum noch ertragen. SELBSTVERSTÄNDLICH muß da investiert werden, allerdings ZUSÄTZLICH und PARALLEL zu einer ordentlichen Versorgung aller nicht mehr "frühkindlichen" Personen.

     

    Geld für beides wäre schon da, hätte man aus Hartz IV nicht den rudelbumsenden Moloch gemacht, der er ist. Wo zigtausende von Menschen 4x im Jahr zu einem Bewerbungsanschreiben- oder PC-Kurs zwangsantreten müssen, darunter auch studierte ITler oder ehemalige Personaler, weil sie so so wunderschön aus den Statistiken herausfallen, quietscht zu viel Geld im System, wo es nicht hingehört. Gleiches gilt für die unsägliche Anzahl an Prozessen, die ebenfalls unglaublich hohe Summen verschlingen und unnötig wären, würden Sachbearbeiter mit Verstand und guter Ausbildung eingesetzt und die schlimmsten Lücken und Gummiparagraphen aus dem Gesetz endlich entfernt.

     

    Hier gehört auch endlich einmal hinein, die Augen nicht mehr davor zu verschließen, daß wir dauerhaft auf rund 1/3, langfristig sogar die Hälfte aller Erwerbsfähigen arbeitstechnisch werden verzichten können. Essen, in Würde leben und anerkannt sein, wollen diese Menschen jedoch auch. Keiner der Entscheider in diesem Land beschäftigt sich auch nur ansatzweise mit DIESEM Problem, das dafür sorgen wird, daß eben auch 1/3 der bestausgebildetsten heutigen Kinder, in 20 Jahren keine Arbeit haben werden.

     

    Wer übrigens skandinavische Länder zum Vergleich heranzieht, sollte parallel auch nachschauen, auf wessen Kosten die skandinavischen Länder ihre Bruttosozialprodukt und ihre Beschäftigungszahlen erreichen. Die Stichworte "Nokia" oder "dänische Schlachtketten" dürfte dabei weiterhelfen.

     

    Relationen, tja.

  • A
    AnnHolt

    Mich würde interessieren, wie andere Länder mit der Mehrwertsteuer umgehen. Soweit ich es verstanden habe, ist das Kindergeld bei uns der Ausgleich für die Mehrwertsteuer, die Eltern für die Anschaffungen bezahlen, die nur die Kinder betreffen. Wenn man auf typische Kinderartikel weniger oder keine Mehrwertsteuer zahlen müsste, wenn auch zum Beispiel Kinder bei der Benutzung von Verkehrsmitteln nichts zahlen müssten, wäre ich unbedingt für viel weniger direkte, dafür indirekte Zahlungen, die der Bildung und Kindertagesstätten zugute kämen.

  • R
    richtigbissig

    Das hört sich ja noch einer großartigen Leistung an, wenn 40% an die Eltern fließen. Wie sieht es denn bei dieser "unerklärten" Prozentzahl mit den Hilfen zur Erziehung aus, die pro Kind unter Umständen bis zu 10000 Euro kosten und im Prinzip nur den Sozialpädagogen die Arbeitsplätze und der Kirche die Umsätze sichern, sind die "Teil" der 40%...man muss es wohl annehmen. Wie wäre es denn, wenn man diese in der Regel vergeudeten Gelder einfach TATSÄCHLICH in die Familien investiert? Wer Verhältnisse verursacht, die Familien ins Elend zwingen, kann sich nicht zum Richter über diese "angeblichen" Verschwender aufschwingen! Suppenküchen, abgelaufene Lebensmittel für Bedürftige gegen ENTGELD...wir dulden eine Elendsindustrie(die sich an der Not der Menschen bereichert) und natürlich müssen auch Kinder diese abgelaufenen Lebensmittel essen! Wie wäre es mit freier Bildung und keinerlei Kosten für die Eltern, freies Mittagessen für alle Kinder unabhängig vom jeweiligen Einkommen der Eltern...freien Kindergärten...und bitte der ABSCHAFFUNG dieser Form von "Hilfe zur Erziehung"...zwischenzeitlich muss man wirklich JEDE Statistik hinterfragen. Ähnlich ist das übrigens bei der Frage des "Migrationshintergrundes", was heißt denn dieser Begriff statistisch wirklich? Sind das Kinder die in Deutschland geboren sind und einen ausländischen Elternteil haben oder eher zugezogene Ausländer ohne Deutschen Pass? Oder nehmen sie die Frage der Erziehungsfähigkeit von homosexuellen Paaren, warum ist diese Studie hauptsächlich mit lesbischen Paaren durchgeführt worden, wenn doch das Endergebnis objektiv für ALLE homosexuellen Paare gelten soll? Fragen über Fragen! Aus meiner Sicht gibt Deutschland wesentlich weniger aus, als ALLE anderen Länder in Europa, diese 40% kommen in keinem Fall den Familien wirklich zu gute.

     

    Liebe Grüße

    richtigbissig

  • R
    rajas

    Wenn ich als Alleinerziehender mein Kind in einer Ganztagsbetreuung unterbringen soll damit ich arbeiten gehen kann - wieso habe ich es dann bekommen? Um es ab dem Hort von Fremden erziehen zu lassen? Da scheiße ich lieber auf die paar Kröten vom Staat und erziehe mein Kind selbst.

  • N
    Nick

    "Mehr Investitionen in frühkindliche Bildung könnten zu einer Reduzierung von Ungleichheit beitragen"

     

    da im artikel von kinderarmut und materieller ungleichheit gesprochen wird nehme ich an dass eben diese hier gemeint ist... wie können dann mehr, bessere kindergärten (frucht besagter investitionen in frühkindliche bildung) die sie besuchenden armen kinder materiell bereichern?