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Studie über AbwrackprämieUmweltminister lobt sich selbst

Eine Studie im Auftrag des Bundesumweltministers wertet die Abwrackprämie als ökologischen Erfolg. Eine Umweltprämie ist sie deshalb noch nicht.

In den verschrotteten Autos steckt mehr Umwelt als viele erwartet haben. Das sagt jedenfalls Sigmar Gabriel. Bild: reuters

Das Bundesumweltministerium hat sich eine Studie zur ökologischen Wirkung der Abwrackprämie erstellen lassen. Mit wenig überraschendem Ergebnis: "Obwohl sie mit ganz anderer Zielsetzung konzipiert wurde, steckt in der Abwrackprämie mehr Umwelt, als viele erwartet haben", erklärt Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Die Behauptung, die Prämie habe ökologisch nichts gebracht, "ist durch unsere Studie glatt widerlegt".

Gute Politik also, die der Umweltminister vorzuweisen hat? Der deutsche Blechkaufrausch führte zu einer Verjüngung des privaten Fuhrparks: 5 Milliarden Euro wurden gezahlt, um zwei Millionen Altautos durch neue zu ersetzen. Nach den Ergebnissen der Studie - erstellt vom Heidelberger Ifeu-Institut - stoßen die Neufahrzeuge im Schnitt 99 Prozent weniger Rußpartikel, 87 Prozent weniger Stickoxide und 74 Prozent weniger Kohlenmonoxid aus, als dies die Altfahrzeuge bei weiterem Betrieb getan hätten. Allerdings entsprechen zwei Millionen Neuwagen bei einem deutschen Gesamt-Pkw-Bestand von 41,3 Millionen gerade einmal 4,8 Prozent. Entsprechend gering ist der Effekt. "Auf einen Schlag stoßen alle deutschen Pkw zusammen genommen praktisch fast ein Zehntel weniger Benzol, 5 Prozent weniger Stickoxide und 4 Prozent weniger Partikel aus", jubelt Gabriel.

5 Milliarden Euro Steuergeld für 5 Prozent weniger Stickoxide: Hätte man für ein Zehntel dieser Summe 100.000 Elektroautos mit je 5.000 Euro gefördert, wäre der Effekt ein ähnlicher gewesen - unter der Voraussetzung, dass Ökostrom getankt wird. Ein solches Programm hätte ähnlich wie einst das 100.000-Dächer-Programm einen wahren Entwicklungsboom für Elektromobilität auslösen können. Die Studie weist auch einen Effekt auf den Kohlendioxidausstoß nach. Demnach betrage "die Realemission der Neuwagen 160 Gramm Kohlendioxid je Kilometer", schreiben die Autoren. Dieser Wert liege 20 Prozent unter dem Durchschnitt der abgewrackten Autos. Zu diesem Effekt führte, dass hauptsächlich Kleinwagen und Autos der Kompaktklasse gekauft wurden. Dennoch verdient der regierungsamtlich "Umweltprämie" getaufte Abwrackbonus diese Bezeichnung nicht: An seine Bewilligung war keine einzige Umweltauflage geknüpft.

Dass es besser geht, haben ausgerechnet die als Schmutzfinken verschrienen US-Amerikaner mit ihrer Version der Abwrackprämie gezeigt: Wer dort im Rahmen des "Cash for Clunkers"-Programms in den Genuss von bis zu 4.500 US-Dollar (rund 3.200 Euro) kommen wollte, musste nachweisen, dass der neue Wunschwagen deutlich weniger Kohlendioxid rausrotzt als der alte.

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5 Kommentare

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  • UH
    Ulrich Höpfner

    Lediglich zwei fachliche Kommentare:

    100.000 Elektroautos mit Ökostrom würden die Pkw-Stickoxide um 0,3 % senken. Soviel zum "Der Effekt wäre ein ähnlicher gewesen"...

     

    Die USA verlangen als Prämienbedingung (Stufe 1, 3500 US$) einen Maximalverbrauch des Neufahrzeugs von 10,7 l/100 km im Testzyklus und eine Reduktion von 18 % zum verschrotteten Altfahrzeug.

    Die in Deutschland via Abwrackprämie gekauften Pkw lagen im Verbrauch um ca. 20 % niedriger als die verschrotteten, haben einen Testverbrauch von 6,0 l/100 km und einen Realverbrauch von ca. 7,0 l/100 km.

     

    Ulrich Höpfner, IFEU Heidelberg

  • X
    xyz

    Ich halte das Gabriel-typisch für einen Volksverdumungsversuch. Die Produktion eines neuen Golf z.B. bedingt doch erheblich mehr Umweltbelastungen, Rohstoff- und Energieverbrauch als ein z.B. 15 Jahre alter Golf es auch nur annähernd erreichen könnte. Zudem kommen entsprechende Belastungen beim Verschrotten hinzu. Lieber den alten schonend weiter fahren bzw. am besten ÖPNV.

  • FS
    Fabian Schröer

    Da wird doch glatt verheimlicht, dass ein Großteil der Umweltbelastung bei der Kette der benötigten Rohrstoffe bis zur Produktion der PKW entsteht. Dieser wird über die Lebensdauer des Fahrzeugs abgeschrieben. Der ökologische Fußabdruck des Gesamtführparks in Deutschland erhöht sich dementsprechend, wenn die Altfahrzeuge, die noch einige Jahre fahren könnten, gegen Neuwagen ausgetauscht werden, auch wenn diese, wie die Studie zeigt, deutlich emissionsärmer fahren.

  • RK
    Ralph Kappler

    Eher hinter dem Rücken Sigmar Gabriels hofieren der VDA und das CDU/FDP geführte Niedersachsen fossile Spätzünder und verdrängen eine bereits erfolgreiche KMU Plattform zu energieeffizienter Mobilität.

     

    Denn unter der Schirmherrschaft von Bundesumweltminister Gabriel war Elektromobilität neben anderen effizienten Mobilitätstechnologien bereits seit vier Jahren ein Thema auf der unabhängigen CLEAN MOVES Plattform der Hannover Messe. Auch weil Unternehmen und Vereine die den Mobilitätswandel verschlafen haben, wie der VDA und der VDMA, jetzt ein lebhaftes Interesse an den Subventionen des über 700 Millionen Euro schweren Markteinführungsprogramm für Elektromobilität haben, wird nun mit wettbewerbsverzerrenden Methoden gegen mittelständische Mobilitätsinnovatoren vorgegangen. Ausgerechnet das CDU/ FDP geführte Niedersachsen gibt eine 250 Millionen Euro Subvention an die Deutsche Messe AG im Abwrack- und Wahlkampfjahr 2009 als „Kapitalerhöhung“ aus. Diese Subvention befeuert nun auch auf den Industriemessen gleichschaltende Vereinsinteressen und verdrängt die Vorreiter zugunsten eher fossiler Nachzügler.

     

    Das wahre Ausmaß der Wettbewerbsverzerrung kommt erst ans Tageslicht, wenn auch das Zusammenspiel der verschiedenen Subventionspackete analysiert wird, also der kannibalisierende Sog von Abwrack-Milliarden, Messe Subventionen und weiteren Markteinführungsprogrammen von jeweils 500 Millionen Euro. Einige Markteinführungsprogramme bewirken das Gegenteil, sie bremsen bereits vorhandene Technologie-Alternativen aus. Zielführender wäre es freilich, direkte Marktanreize über einen Anschaffungszuschuss zu setzten, wie das zum Beispiel in Frankreich praktiziert wird. Auch die Grünen haben unlängst einen Anschaffungszuschuss für Elektrowagen von jeweils bis zu 5.000 Euro gefordert. Dieser Zuschuss soll dann jährlich sinken, in dem Maße wie höhere Stückzahlen zu sinkenden Kosten führen.

  • L
    Lope

    Abfall, Reststoffe und Abwasser, die bei der Herstellung und Verwertung von Fahrzeugen entstehen wurden in der Studie nicht berücksichtigt (Seite 13). Sie bietet also eine unvollständige Ansicht des ökologischen Fußabdrucks den ein Auto hinterlässt.