Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
Diese Aussagen Mitglieder des Bundeswehrverbands belegen eindeutig, dass Soldaten keineswegs "Bürger in Uniform" sind.
Diese Heuchelei macht mich krank.
Lobbyverbände sind eine üble Krankheit dieses Landes.
Sehr geehrte Frau Winkelmann,
ich vermisse in ihrem Artikel den Hinweis auf die reale Praxis der Gerichtsbarkeit. Nämlich mit "Mauscheleien" (wie gegenüber Politikern weisungsgebundenen Staatsanwälten) eine (öffentliche) Gerichtsverhandlung im Vorfeld zu verhindern (wie bezüglich des Vorfalls vor ziemlich genau einem Jahr) und damit noch zynischer als jede aufrechte Militärgerichtsbarkeit das Geschehene ins Reich der Mythen, Lügen und Halbwahrheiten zu verweisen. Es könne ja keiner Wissen, was wirklich vorfiel, man habe gewiss Gründe gehabt, die leider verborgen blieben...
Mein Staatsverständnis verlangt, dass der Mensch, der den Befehl gegeben hat (vielleicht gar die, die ihn ausgeführt haben), mindestens den gleichen Zumutungen ausgesetzt wird, wie jeder Hühnerdieb (Grafittisprayer, Raubkopierer, Schläger), wenn nicht gar wie jemand, auf dem der Verdacht des Mordes lastet (monatelange U-Haft?).
Über das Bild, das im In- und Ausland erzeugt wird, möchte ich gar nicht Reden. Soll sich die afghanische Gerichtsbarkeit ein Vorbild nehmen? Wollen wir wirklich Bilder von Afghanen, die dafür Demonstrieren, dass in Deutschland das passiert, was wir als Selbstverständlichkeit verstehen und damit solche Taten gar rechtfertigen? Soll die Welt derart drastisch erfahren, dass auch in Deutschland die angeblich so unabhängige Justiz vor Machtworten kuscht? Wollen wir mit jemandem, auf dem ein derartiger Verdacht lastet, ohne Klärung dieses Verdachtes Tür an Tür leben? Wollen wir die Filbingers dieser Welt wirklich durchkommen lassen?
Im Libanon explodieren fast zeitgleich hunderte Funkempfänger. Angeblich wurden sie von israelischen Agenten mit Sprengstoff versehen. Die Hisbollah droht.
Kommentar Militärjustiz: Entschuldung der Soldaten
Die Justiz und das öffentliche moralische Verständnis dessen, was die Bundeswehr in Afghanistan macht, will die Bundeswehrlobby dem Kriegszustand anpassen.
Was passiert, wenn ein Soldat im Einsatz einen tödlichen Fehler macht, ist eine Frage, auf die es in Deutschland lange keine Antwort gegeben hat. Die Ereignisse im nordafghanischen Kundus vor einer Woche und deren Bearbeitung durch Bundeswehr und Politik zeigen, wie wenig die Zuständigen auf die Möglichkeit eines solchen Fehlers vorbereitet sind.
Es regierte zunächst der Reflex: Verteidigungsminister und Kanzlerin stellten sich hinter den Kommandeur in Kundus - ausdrücklich unabhängig davon, was das Ergebnis des angeforderten Bombardements war. Bislang weist alles darauf hin, dass bei dem Bombardement zweier Tanklastzüge Zivilisten getötet wurden, die man flugs zu Taliban-Sympathisanten und damit zu Quasi-Taliban erklärt hat.
Der Bundeswehrverband verlangt nun nachdrücklicher als zuvor, dass es eine eigene Militärgerichtsbarkeit gebe. Denn es könne nicht sein, dass einem Soldaten wegen ziviler Opfer in Afghanistan der Prozess gemacht werde. Die Kanzlerin müsse endlich sagen, dass in Kundus Krieg herrsche, und die Entscheidungsgewalt an sich ziehen.
Hieran zeigt sich, wie doppelbödig die allenthalben erhobene Forderung ist, vom "Krieg" in Afghanistan zu sprechen statt etwa vom "Kampfeinsatz". Denn in der Summe verlangt die Bundeswehrlobby, dass die Politik die Justiz und das öffentliche moralische Verständnis dessen, was die Bundeswehr in Afghanistan macht, dem Kriegszustand anzupassen habe.
Was eine solche Militärjustiz aber hervorbringt, zeigen genau die vom Bundeswehrverband zitierten internationalen Vorbilder. Die Handlungen der Soldaten werden dann eben nicht mehr daran gemessen, ob sie die Zivilbevölkerung ausreichend geschützt haben. Sondern ob der bedauerliche Kollateralschaden nicht etwas geringer hätte ausfallen können.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.