Harry Wijnvoord und die Spielshows: Herr der heißen Preise
2.000-mal moderierte Harry Wijnvoord bei RTL "Der Preis ist heiß". Heute preist er immer noch Produkte an - bald vielleicht wieder in seiner alten Spielshow "Lost & Found".
In Hollywood entdeckt - der Traum vieler Mädchen. Wahr gemacht vom Traum vieler Schwiegermütter: Harry Wijnvoord. 1988 war das, als der heute 60-Jährige eine Gruppe deutscher Medienmacher auf eine Kreuzfahrt begleitete und sie durch Los Angeles führte. Dort fragte RTL-Unterhaltungschef Jochen Filser, ob der lustige Holländer sich vorstellen könnte, eine Gameshow zu moderieren. Die Antwort: "Klar, aber was ist das?"
Das war "Der Preis ist heiß", und das sollte in den folgenden neun Jahren seine Arbeit sein. 2.000-mal ließ Wijnvoord, der in den Sechzigern nach Deutschland gekommen war, seine Kandidaten die Preise von Produkten raten. "Eine halbe Stunde Kurzweile und Freude", nennt Wijnvoord den Kern der Sendung, deren Inkarnation er bis heute ist. Er weiß alles über das Format: Wann es mit wem in den USA lief; dass die Vorhänge, die noch in den 90er-Jahren im US-Studio hingen, dieselben waren wie 1952 und dass das Format immer und überall funktioniert.
Hinter den 30 Minuten Freude steckte viel Arbeit: Vier Sendungen produzierte das "Slim Fast"-Werbegesicht jeden Tag. Es war Wijnvoords Leidenschaft - und er "natürlich schockiert und traurig", als ihm 1996 mitgeteilt wurde, dass sein gerade unterzeichneter Vertrag der letzte sein sollte. Ende 1997 war Schluss. Wijnvoord ging mit seinem "Der Preis ist heiß"-Sidekick und Produktansager Walter Freiwald zum RTL Shop, doch die Zusammenarbeit funktionierte nicht. Der Harry trennte sich vom Walter und vom RTL Shop.
Dieser Artikel ist der aktuellen sonntaz vom 19./20.9.2009 entnommen – ab Sonnabend zusammen mit der taz am Kiosk.
Doch auch ohne das Aufzeichnen von viermal 30 Minuten Kurzweile täglich ist Wijnvoord nicht auf "Slim Fast" hängen geblieben: Er war im RTL-Dschungelcamp (hielt es dort aber nur elf Tage aus), bringt noch immer Produkte im Teleshopping an den Mann, moderiert für Firmen sowie im Radio und ist im Angelverein in seiner neuen münsterländischen Heimat - nur zum Angeln ist Wijnvoord bisher nicht gekommen. Es brennt immer noch in ihm. "Es gibt doch besseres Fernsehen, als das, was einem aktuell tagsüber angeboten wird." Gerade die Talk- und Gerichtsshows öden ihn an. Gameshows müssen wieder her. "Der Preis ist heiß" muss wieder her. Wijnvoord muss wieder her.
Die Chancen stehen so gut wie nie: Zurzeit versucht die Fernsehproduktionsfirma Grundy, die die Rechte an dem Format hält, "Der Preis ist heiß" wieder unterzubringen. Mit Wijnvoord - aber ohne Walter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Kränkelnde Wirtschaft
Gegen die Stagnation gibt es schlechte und gute Therapien
Regierungskrise der Ampel
Schmeißt Lindner hin oder Scholz ihn raus?