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Studie zu Berliner WohnungsmarktBilliger wohnen in Berlin

Ost und West sind im Mietmarkt vereint, sagt der Mieterverein. Streit um Mietbegrenzung.

Umgezogen wird mittlerweile in alle Richtungen: vom Osten in den Westen und umgekehrt Bild: ap

Berlin ist vereint - wenigstens im Wohnen. "20 Jahre nach dem Mauerfall stehen sich die Ost- und Westberliner beim Wohnen näher als in allen anderen Lebensbereichen", sagte am Donnerstag Franz Georg Rips, der Vorsitzende des Berliner Mietervereins. Der Verein hat eine neue Studie über den Berliner Wohnungsmarkt vorgelegt, die eine Bilanz für die Zeit vom Fall der Mauer bis heute zieht.

Die günstigen Mieten Ostberlins, als 1991 ein Quadratmeter 1,19 Euro Nettokaltmiete gekostet hat, sind Vergangenheit. In den Ostbezirken liegt der Preis jetzt bei 5,32 Euro und damit quasi auf dem Westberliner Niveau von 5,73 Euro. Grund seien neben der Sanierung auch die vielen Zugezogenen, sagte Armin Hentschel vom Institut für soziale Stadtentwicklung, das die Studie vorgelegt hat. Die Bereitschaft, vom Westen in den Osten zu ziehen, habe in den vergangen 20 Jahren enorm zugenommen.

Aber auch in umgekehrter Richtung sind die Möbelwagen unterwegs, wie das Beispiel Kreuzberg zeigt. Direkt nach dem Mauerfall zog kaum ein Ostler dorthin, 1994 kamen schon 23 Prozent der Neuankömmlinge aus Ostbezirken. 2007 waren es knapp die Hälfte - ebenso viele Zugezogene wie aus Westberlin.

Die Mobilität der Berliner mit Migrationshintergrund bleibt eingeschränkt. "Der Westteil ist der Alleinerbe einer verpassten Integration", sagte Hentschel. Zwar lebten 90.100 Ausländer in den Ostbezirken, die Zahl der Menschen mit türkischem Pass ist jedoch nur vierstellig.

In den Randgebieten der Stadt wird weniger durchgemischt. Der Anteil der Westberliner in den Plattensiedlungen in Marzahn-Hellersdorf liegt unter einem Prozent. Stattdessen ziehen immer mehr junge Menschen weg, der Altersdurchschnitt des Bezirks stieg hier seit der Wende um 11,8 Jahre und damit berlinweit am stärksten.

Im Osten gibt es auch Gewinner. Pankow ist nicht nur der Bezirk, dessen Einwohnerzahl seit 1990 um 20 Prozent gewachsen ist. Mittlerweile wird hier auch das dritthöchste Durchschnittseinkommen ermittelt, nach Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf.

Die Mieten in Berlin sind günstig - wenn sie mit denen in Stuttgart, Hamburg und München verglichen werden, aber auch mit Metropolen wie New York, Paris und London. Der Durchschnittsberliner gibt etwa ein Drittel seines Einkommens für eine Wohnung mit allen Nebenkosten aus, im Osten wie im Westen. "Mit dem relativ günstigen Mietspiegel hat Berlin einen Standortvorteil", sagte der Geschäftsführer des Mietervereins, Hartmann Vetter. Während in die Londoner City nur Bänker ziehen könnten, locke Berlins Innenstadt vor allem junge und kreative Menschen. Damit das so bleibt, forderte er eine Höchstgrenze für Neuvermietungen.

Dem widerspricht allerdings der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen BBU. "Vor dem Hintergrund dieser Zahlen ist klar, dass wir in Berlin keine Begrenzung von Neuvertragsmieten brauchen", sagte BBU-Vorstandsmitglied Maren Kern. Einig weiß sich der BBU dabei mit dem Berliner Senat. "In Berlin gibt es nach wie vor einen Mietermarkt", sagte die für Wohnen zuständige Staatssekretärin Hella Dunger-Löper (SPD).

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