Niederlage für freie Kultur

Das NRW-Festival der freien Theater wird aus finanzieller Not nur noch alle zwei Jahre stattfinden. Dennoch wurden zwei renommierte Theatermacher als neue Leitung der „Impulse“ vorgestellt

VON PETER ORTMANN

Die freie Theater-Szene in Nordrhein-Westfalen hat unter der neuen Landesregierung ihre erste Niederlage erlitten. Gestern wurden die „Impulse“, die neben dem Berliner Theatertreffen und den Mülheimer Theatertagen als führender Wettbewerb der Freien Theater im deutschsprachigen Raum gelten, halbiert: Sie finden künftig nur noch alle zwei Jahre statt.

Erst 2007 werden wieder herausragende Aufführungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zu sehen sein. Das beschloss die Kultur-Dezernentenkonferenz des NRW-Kultursekretariats in Wuppertal auf ihrer Vollversammlung. Ihr Vorsitzender Hans-Georg Küppers, Kulturdezernent in Bochum, und Sekretariatsdirektor Christian Esch erklärten in Neuss, dass die jährliche Durchführung vorläufig finanziell nicht gewährleistet werden könne. Die genaue Einsparsumme wollte Küppers nicht nennen. Die Impulse wechseln sich nun mit dem „Theaterzwang“, dem Treffen der freien NRW-Ensembles ab.

Die neue Leitung teilen sich zwei ehemalige Leithengste des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg: Ex-Intendant Tom Stromberg und Regisseur Matthias von Hartz, der in diesem Jahr bei der RuhrTriennale die Ruhrcollection kuratierte. Beide hatten in den vergangenen Jahren häufig Kontakt zur freien Szene. Stromberg kennt auch die „Impulse“ gut, er war 2002 und 2004 im Auswahlgremium. „Wir wollen das einzelne Festival noch besser machen“, sagt er. Die prämierten „Impulse“-Produktionen sollen in Zukunft auch auf internationalen Theaterfestivals gezeigt werden können.

In Nordrhein-Westfalen führt die Entscheidung zum biennalen Takt des Festivals zu Unverständnis und Trauer. „Ich bin erschüttert“, sagt Dietmar N. Schmidt, der das Festival vor 15 Jahren begründete und in diesem Jahr zum letzten Mal leitet. Dass ein renommierter Theatermacher wie Tom Stromberg den Job annehme und gleichzeitig das eigene Festival halbiere, „gehe nicht in seinen Kopf und in sein Herz“. Auch Rita Thiele, Chefdramaturgin am Düsseldorfer Schauspielhaus, versteht die Entscheidung nicht. „In Zukunft wird jetzt ein Jahrgang freies Theater fehlen“, sagt sie. Am Theater, an dem zur Hälfte auch das Land beteiligt ist, hatte man in den letzten Tagen Unterschriften gegen die Kürzung gesammelt und fast einhundert Unterstützer für die „Impulse“ gefunden. Doch das Engagement eines Stadttheaters für die freie Kultur half nichts. „Das finde ich schade“, sagt Rita Thiele.

Im Bochumer Prinz Regent Theater, einer der vier Bühnen an denen der Wettbewerb der Freien ab Sonntag stattfindet, fehlen der Leiterin Sibylle Broll-Pape die Worte. „Das ist eine falsche Entscheidung“, sagt sie leise. Sie verstehe nicht, warum man ein gut laufendes Festival ohne Not halbiere. Allerdings hofft sie auf ein schnelles Gespräch mit Tom Stromberg. „Ich setze auf seine Einsicht“, sagt Broll-Pape.