Exklusiver Vorabdruck: Chinas vergessene Opfer
Während der Belagerung der Stadt Changchun durch die Volksbefreiungsarmee starben 1948 Hunderttausende an Hunger. Ihre Geschichte ist heute vergessen.
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Vor dem Hunger: Die Hauptstraße von Hsinking, dem späteren Changchun im September 1932. :
ap
Die taiwanische Bestsellerautorin Lung Yingtai wurde am 13. Februar 1952 in Kaohsiung geboren. Die ehemalige Kulturbeauftragte der Stadt Taipeh gilt auch in der Volksrepublik China als einflussreiche Autorin. Sie hat die Ereignisse im Bürgerkrieg, von denen auch der hier veröffentlichte Auszug handelt, für ihr neues Buch “Big River, Big Sea – Untold Stories of 1949” (Großer Fluss, großes Meer – Unbekannte Geschichten aus dem Jahr 1949) recherchiert. In Taiwan und Hongkong ist das Buch bereits ein Bestseller. Die taz publiziert als deutsche Erstveröffentlichung exklusiv ein Kapitel aus Lungs Buch in einer deutschen Übersetzung von Stefan Schaaf.
Leser*innenkommentare
Ihr NameAndreas Donath
Gast
Diese entsetzliche Geschichte erinnert mich an die Belagerung von Königsberg im Frühjahr 1945, die Claus Hubalek in seinem Drama "Die Festung" beschrieben hat.
Auch dort war es den eingeschlossenen hungernden Zivilisten nicht möglich aus der Stadt zu entfliehen. Jeder Versuch wurde sowohl von deutscher als auch russischer Seite unter Feuer genommen. Um das Leben der Zivilisten zu retten, wollte der deutsche Kommandant gegen den Befehl Hitlers kapitulieren und die Stadt kampffrei den Russen übergeben. Bevor es dazu kam, wurde der General von fanatischen Nazis erschossen, und die Belagerung und das Verhungern gingen weiter. Die Hauptschuld dafür wird in diesem Drama den Nazis zugeschrieben, nicht den Russen. Wenn der Fall Changchun ähnlich lag, muß die Veröffentlichung dieser Recherche glasden Nachfolgern der damaligen Nationalregierung auf Taiwan noch peinlich sein als den alten Kämpfern der Volksrepublik.