Magnas Einstieg bei Opel: Gesprächsbedarf ohne Ende

Die EU vermutet einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Die Vertragsunterzeichnung zieht sich so hin. Und Europas Opel-Standorte kämpfen weiter um die Jobs.

Es dauert noch bis zur Geburt von "New Opel". Bild: dpa

Eigentlich sollte "New Opel" längst Realität sein. Doch der für Donnerstag geplante Termin für die Unterzeichnung des rund 1.000 Seiten umfassenden Vertrags zur Übernahme von Opel Europe durch den österreichisch-kanadischen Automobilzulieferer Magna wurde abgesagt, obwohl die Zeit drängt. Nur bei einem Vertragsabschluss jetzt kann das internationale Unternehmen "New Opel" - mit von der Partie sind auch die russische Sberbank und die "alte Opelmutter" General Motors (GM) USA - mit dem Neujahrstag 2010 die Geschäfte aufnehmen.

Noch am Mittwoch glaubte Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz, der auch dem Europäischen Arbeitnehmerforum von GM vorsteht, dass quasi über Nacht die strittigen Fragen gelöst würden. Noch in sicherer Erwartung der Vertragsunterzeichnung sagte Franz der Nachrichtenagentur Reuters, er denke, "dass das machbar ist".

Am Donnerstag musste er dann aber erst einmal zur Europäischen Union (EU) nach Brüssel fliegen, um bei der Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes um Zustimmung für die staatlichen Beihilfen für "New Opel" in Höhe von 4,5 Milliarden Euro zu werben. Ohne das Okay der EU ist der Deal mit Magna nicht zu realisieren, auch wenn die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der Länder mit den deutschen Opelwerken erklärten, die gewaltige Summe notfalls auch ohne die Beteiligung anderer EU-Staaten mit Opel- oder Vauxhallproduktionsstandorten stemmen zu können.

Doch auch das ist ein Problem. Die EU achtet nämlich peinlich genau darauf, dass von staatlichen Beihilfen kein Mitgliedsland bevorzugt wird. Im Fall der der Opel-Rettung würden auf der Basis des jetzigen Sanierungskonzepts die deutschen Standorte stärker profitieren als diejenigen im europäischen Ausland. Tatsache ist, dass Magna durchaus zugesichert hat, bei einer Übernahme von Opel die Produktionsstandorte und vor allem zahlreiche Stellen in Deutschland erhalten zu wollen. Für die Standorte Antwerpen (Belgien), Saragossa (Spanien) und auch noch für Werke in England wurden dagegen keine Bestandsgarantien abgegeben.

Das hat die Regierungen, die Belegschaften und die Gewerkschaften dort empört. Vor allem Briten und Belgier wurden rasch in Brüssel vorstellig und intervenierten. In direkten Gesprächen mit Magna und Betriebsräten der deutschen Opelstandorte konnte die britische Gewerkschaft Unite inzwischen eine indirekte Bestandsgarantie für die Vauxhallwerke in Ellesmore Port und Luton aushandeln. Deutsche Werke sollen jetzt bestimmte Produktreihen an die Kollegen in England abgeben.

Das ist der Deal. Und der wird den Opelarbeitern etwa in Bochum nicht gerade schmecken. Der britische Handelsminister Peter Mandelson dagegen lobte die Einigung, meldete aber noch Gesprächsbedarf beim Thema Finanzierung an.

Darüber wollten an diesem Donnerstag wohl auch noch die Regierungen von Spanien und Belgien mit der Bundesregierung, der EU und wohl auch Magna reden. Für Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg (CSU) allerdings war die ganze Angelegenheit längst ausdiskutiert: "Wir warten auf die Zusagen der anderen", sagte er noch am Mittwoch in Berlin - und dass Magna damit doch schon am Dienstag fest gerechnet habe.

Aber auch daraus wurde noch nichts. Vertreter von Magna flogen am Donnerstagvormittag nach Saragossa, um mit Abgesandten der spanischen Zentral- und Regionalregierung sowie Gewerkschaftsvertretern neu zu verhandeln. Die Spanier verlangen jetzt angeblich Garantien für das Opelwerk in Saragossa mit seinen 7.200 Arbeitsplätzen und machen davon ihre Beteiligung am Rettungsfonds für Opel abhängig.

Sind aber laut EU Standortgarantien zulässig? Oder gilt das ausschließlich für Deutschland? Das jedenfalls fragen sich jetzt Beschäftigte im Rüsselsheimer Werk von Opel. Deren Arbeitsplätze gelten als relativ sicher, obwohl bei Opel europaweit noch 10.500 Arbeitsplätze gestrichen werden sollen. Der "New Opel"-Minderheitsaktionär General Motors jedenfalls will bald auch Fahrzeuge in Rüsselsheim produzieren lassen, die in den Vereinigten Staaten verkauft werden sollen.

Das würde sicher sehr zur Freude auch von Magna geschehen. Denn der russische Kooperationspartner von Magna, GAZ, steht ökonomisch und finanziell am Abgrund. Zudem schrumpft der Absatz auf dem russischen Automarkt. Hinzu kommt, dass die russische "Hausbank" von Magna und "New Opel", Sberbank, auf dem letzten Loch pfeift.

Schließlich bleiben wohl noch einige Fragen zur künftigen Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesellschaft (MKBG), die die zukünftigen Machtverhältnisse bei "New Opel" insgesamt tangieren, unbeantwortet. "Es muss jetzt ein schneller Abschluss her, denn täglich wird Geld verbrannt", sagte Magna-Boss Siegfried Wolf - allerdings schon im Juni dieses Jahres.

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