Fußball: Herthaner richten sich im Keller ein

Hertha BSC verliert beim 1. FC Nürnberg sein achtes Ligaspiel in Serie (0:3) und festigt seinen letzten Tabellenplatz. Übertriebene Lässigkeit und vermeidbare Fehler bringen Fans und Trainer auf die Palme.

Die Nürnberger mit Mike Frantz (rechts) konnten sich klar gegen die Hertha mit Christoph Janker durchsetzen. Bild: Petr David Josek/AP

Nach dem Spiel teilte sich die Mannschaft in zwei Gruppen. Die südamerikanische Fraktion verschwand sofort in der Kabine. Sie hätte den aufgebrachten Fans die Nichtleistung ohnehin nicht erklären können. Die sprachlich fähigen Kollegen versuchten noch, in Richtung Fankurve zu gehen. Als ihnen jedoch ein "Wir sind Herthaner und ihr nicht" entgegenschallte, ließen sie von dem Versuch ab. Gedemütigt schlichen sie davon. Es war, als hätten die Brasilianer und Kolumbianer von Hertha BSC besser verstanden, dass sie in der Kurve derzeit unerwünscht sind. Nur der gebürtige Berliner Patrick Ebert und Kapitän Arne Friedrich versuchten länger, mit den aufgebrachten Fans zu reden.

Dabei sollte das Spiel beim 1. FC Nürnberg, der zuvor auch erst einen Sieg einfahren konnte, der verspätete Saisonstart für die Hertha werden: Die Nürnberger Mannschaft gilt als talentiert, aber harmlos und wenig durchschlagskräftig. Außerdem hatte der Club zuvor schon zweimal zu Hause gegen Mannschaften verloren, die mit einem neuen Trainer nach Nürnberg kamen: Hannover und Bochum. Doch all das sollte der Hertha und ihrem neuen Trainer Friedhelm Funkel nicht helfen.

Von Beginn an übernahmen die Nürnberger vor fast 40.000 Zuschauern die Initiative. Die Mannschaft zeigte sich engagiert und energisch. Hertha zeigte sich gar nicht. Zudem überzeugte Nürnberg auch spielerisch, war gerade im Mittelfeld überlegen und kombinationssicher. Der argentinische Linksverteidiger der Nürnberger, Javier Pinola, bewies, dass er an guten Tagen einer der besten Außenverteidiger der Liga ist. Ein Gütesiegel, das an sämtliche Hertha-Außenverteidigern in dieser Saison sicher nicht mehr vergeben wird. In dem jungen und dynamischen Mike Frantz hatte Pinola einen gut aufgelegten Partner und initiierte mit diesem viele Angriffe. Der Führungstreffer durch den Schweizer Daniel Gygax war nur logisch, fiel aber nach einer Flanke aus dem rechten Halbfeld. Von dort flankte Juri Judt genauso unbedrängt wie Frantz zentral vor dem Tor zum Kopfball gehen und Gygax den Abpraller verwerten konnte (18.). Herthas Torhüter Sascha Burchert hatte den Kopfball gut pariert, bekam den Nachschuss von Gygax aber aus spitzem Winkel durch die Beine geschoben.

Burchert, bei der Niederlage vor zwei Wochen gegen den Hamburger SV absurd unglücklich agierend, hielt, was er halten konnte. Allerdings mündete sein übereifriger Abwurf auf den kurz vor dem eigenen Strafraum bedrängten Patrick Ebert in dessen Ballverlust und endete mit dem anschließenden Treffer durch Albert Bunjaku (26.) nach erneuter Vorarbeit durch Frantz.

In der zweiten Halbzeit gab es dann Balsam für einige geschundene Seelen, allerdings nur Nürnberger. Bunjaku erzielte nach Vorarbeit von Pinola und einer Ablage durch Eigler aus zwanzig Metern das entscheidende 3:0 (60.). Müßig anzumerken, dass alle drei äußerst unbedrängt agieren durften. Danach begnügte sich Nürnberg damit, das Ergebnis abzusichern. Hertha kam ein wenig besser ins bereits verlorene Spiel, besaß in einem schicken Freistoß von Patrick Ebert sogar einen ernsthaften Torschuss, der von Nürnbergs Torhüter Raphael Schäfer aber stark pariert wurde (72.). Gegen zu lange passive und schwache Berliner geriet der zweite Saisonerfolg der Nürnberger nicht mehr in Gefahr.

Funkel versuchte sich während des Spiels vor allem in der gestik- und mimiklosen Zeichensprache. So nahm er den hoch veranlagten Serben Gojko Kacar noch während der ersten Halbzeit vom Feld, "weil er nicht präsent war" und "einfach schlecht" gespielt habe, "da muss man damit rechnen, auch mal ausgewechselt zu werden". Damit hätten auch nahezu alle anderen Feldspieler rechnen müssen. Den lässigen Brasilianer Raffael traf es stellvertretend in der Halbzeitpause.

Lediglich Kapitän Friedrich nahm sich mitunter der Aufgabe an, die zahlreichen Unzulänglichkeiten seiner Mitspieler zu bereinigen, blieb dabei mittels eigener Querschläger aber auch nicht fehlerlos. Nach dem Spiel gab er sich "geschockt und sprachlos", sagte dann aber doch ein paar Sätze. Etwa, dass er den Eindruck habe, "dass nicht alle von uns zu hundert Prozent mitgemacht haben. Der Großteil der Mannschaft scheint nicht zu wissen, dass es gegen den Abstieg geht." Im Gegensatz zu den Herthanern haben dies die Nürnberger bereits begriffen und verinnerlicht.

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