Die Sehnsucht im Angesicht der Brache

Besetzte Häuser gibt es nicht mehr. Neue Hausprojekte entstehen dennoch. Die Gruppe Leuchtturm plant in Prenzlauer Berg generationsübergreifendes, soziales und ökologisch-nachhaltiges Wohnen. Dafür soll ein Neubau entstehen

Mitten zwischen luxussanierten Altbauwohnungen liegt in Prenzlauer Berg eine 4.000 Quadratmeter große Brache. Von Zeit zu Zeit residiert an der Kollwitz-/Ecke Belforter Straße ein Zirkus. Bei dem Architekt Markus Peter Ibrom und der Projektplanerin Gabriele Schambach aber weckte das Areal andere Fantasien. Sie würden dort gerne leben – in einem gemeinschaftlich betriebenen Wohnhaus. Das Projekt Leuchtturm war geboren.

Dieses Grundstück ist für die Gruppe Leuchtturm zwar nicht mehr die einzige Option. Denn mit dem Inhaber aus Landshut konnte sich die Initiative noch auf keinen Kaufpreis einigen. Aber es gibt noch mehr passende Grundstücke in der Gegend für die Grundidee der inzwischen auf knapp 20 Mitglieder angewachsenen Genossenschaft in Gründung: generationsübergreifendes, soziales und ökologisch-nachhaltiges Wohnen im schönen Prenzlauer Berg.

„Wozu braucht jeder 80 Quadratmeter für sich allein“, fragt sich Schambach, wenn es 20 auch tun und Küche, Gäste- und Wohnzimmer sich genauso auch teilen lassen? Leuchtturm stehe für „Sendungsbewusstsein“ und „Wegweiser für alternatives Wohnen“, ergänzt Ibrom. Zusammen haben die beiden die „Apollysos Agentur“ gegründet, ein Büro für Projektentwicklung und Beratung, das auch gemeinschaftliche Wohnprojekte betreut. Anfangs wollten sie auch die Planung des Leuchtturms übernehmen. Um Interessenkollisionen zu vermeiden, engagierte die Gruppe mit Irene Mohr eine Projektplanerin, die alternative Hausprojekte finanziell, architektonisch, vor allem aber gruppendynamisch berät. Bisher hat Mohr in erster Linie ehemals besetzte Häuser bei der Sanierung betreut. Der Leuchtturm aber soll ein Neubau sein. Denn zum einen gibt es in Prenzlauer Berg inzwischen viel mehr bebaubare Grundstücke als leerstehende Altbauten. Zum anderen sind Neubauten für ökologische Baumaterialien und Energiesparkonzepte besser geeignet. Nur dafür fließen die Gelder der Bundesstiftung Umwelt, die ressourcenschonendes Bauen fördert.

Vor allem geht es den Leuchttürmlern um „flexible Grundrisse“. Die Erfahrungen aus anderen Hausprojekten haben gezeigt: Wer heute noch eine Groß-WG mit acht Leuten oder mehr bevorzugt, muss das nicht unbedingt in fünf Jahren auch noch tun. Mit verschiebbaren Wänden aber kann selbst eine Kleinfamilie im Projekt wohnen bleiben.

Auch wenn das Grundstück noch nicht feststeht, erste Entwürfe sind bereits gezeichnet. Der Leuchtturm taucht dabei auch als architektonisches Element auf. Neben der privatgenutzten Fläche soll ein großer Anteil an die Gemeinschaftsflächen gehen. Die Dachterrasse ist ebenfalls Allgemeingut. Einzug ist für Anfang 2007 geplant. Bis dahin hofft die Gruppe auf etwa 50 Mitglieder anzuwachsen.

Bei der Rechtsform haben sich die künftigen Bewohner auf das Genossenschaftsmodell geeinigt. Das heißt: Das Haus gehört sich selbst. Die Bewohner zahlen Miete, und durch Abbezahlung der Kredite können die Mieten stufenweise gesenkt werden.

Schwieriger hingegen sieht es beim Startkapital aus. Geplant ist die Finanzierung über Fördergelder für ökologische und energiesparende Gebäude, Stiftungsgelder sowie Bankkredite zum Beispiel der GLS-Bank (siehe Spalte). Schambach hofft auch auf Bürgschaften und Beteiligungen privater Geldgeber. Denn als sichere Geldanlage seien Hausprojekte durchaus rentabel. Sie habe herumgefragt und festgestellt, dass noch kein Hausprojekt Insolvenz anmelden musste: „Sicherer als eine Renten- oder Lebensversicherung ist die Investition in ein Hausprojekt allemal.“ FELIX LEE

Kontakt: gabriele.schambach@gemeinschaftliches-wohnen-im-leuchtturm.de