Messbar besser

Rechtzeitig zur Generalprobe auf der Olympiabahn kommt auch der Hacklschorsch langsam in Schwung

MÜNCHEN/CESANA taz ■ Der Spruch von der Generalprobe, die für eine einwandfreie Premiere ruhig schief gehen darf, ist bekannt. Wenn aber zu viel danebengeht, was dann? Im Eiskanal von Cesana bei Turin, wo im Februar 2006 die olympischen Medaillen in Bob, Rodeln und Skeleton vergeben werden, geriet die ziemlich genau ein Jahr davor geplante Generalprobe zum Albtraum für die Beteiligten: Während der Trainingstage zum Weltcupfinale der Rodler ereigneten sich etliche schwere Stürze, es kam zu Knochenbrüchen, Prellungen und sonstigen Verletzungen. „Ständig hörte man den Krankenwagen fahren“, erinnert sich die deutsche Olympiasiegerin Sylke Otto. Am Ende musste die Veranstaltung abgesagt werden. Doch mittlerweile ist die Bahn umgebaut und ein neuer Versuch für dieses Wochenende festgesetzt worden. Bei diesem tritt auch ein Überraschungsakteur auf: Georg Hackl wird dabei sein – obwohl überhaupt nicht sicher ist, ob er auch bei der richtigen Aufführung im Februar mit von der Partie ist. Sein Olympiastart ist nach einer schwerwiegenden Verletzung immer noch offen.

Dennoch: An den Trainingstagen von Cesana durfte er „mit rodeln“, wie es Stefan Krauß, der Generalsekretär des deutschen Bob- und Schlittenverbandes, formulierte. „Er soll sich ja an die Bahn gewöhnen können.“ Am Dienstagnachmittag verkündete Bundestrainer Thomas Schwab sogar, dass er den Hacklschorsch kurzfristig sogar den Start beim Weltcup genehmigt hat. „Es geht uns hauptsächlich um die Fahrten, irgendwo muss er ja mal fahren“, sagte Schwab. Mit der Routine eines langjährigen Profis hat Hackl festgestellt: „Die Strecke gefällt mir sehr gut.“ Im Training war er sogar Schnellster der deutschen Herren und entkräftete damit seine noch vor einer Woche getätigte Aussage, seine Startzeiten seien gerade einmal gut genug, um bei den Frauenrennen mitzuhalten. „Wenn er beim Start noch etwas schneller wird, ist er auf keinem schlechten Weg“, befand nun Bundestrainer Schwab. Hackl, als Perfektionist bekannt, findet unvermindert: „Der Start passt noch nicht.“

Verwunderlich ist das nicht. Nach einer Bandscheiben-OP hat sich ein Nerv im linken Arm des 39-Jährigen entzündet. Nicht einmal einen Maßkrug Bier habe er halten können, berichtete er in anschaulichem Vergleich. Und beim Blick in den Spiegel sei er erschrocken angesichts der fehlenden Armmuskeln. Nun darf er auf der olympischen Bahn ausprobieren, ob die Muskelkraft schon wieder so stark ist, um mithalten zu mit der Konkurrenz – und natürlich mit den Besten.

Prinzipiell scheint die Olympiabahn den deutschen Rodlern zu liegen. „Wir sind bisher gut zurechtgekommen“, fasst jedenfalls Generalsekretär Krauß die bisherigen Trainingsfahrten zusammen. Allerdings sei die verspätete Generalprobe ein kleines Hindernis für die Vorbereitung auf Olympia: „Wir hätten gern schon früher die Bahn getestet. Dann hätten wir den ganzen Sommer über unser Material darauf einstellen können. Jetzt in der Saison ist man da nicht mehr so flexibel“, sagt Sportdirektor Krauß, der deshalb einen Wettbewerbsvorteil der gastgebenden Italiener vermutet: „Die haben da ganz andere Möglichkeiten für Tests und Training auf der Bahn.“

Der Hacklschorsch kümmert sich um solche Dinge nicht. Er hat mit sich und seinem Körper genug zu tun. Nach dreimal Olympiagold wird er sich auch in Turin/Cesana kaum mit einem Rang abseits des Podests zufrieden geben. Lieber würde er wohl seine Teilnahme canceln. „Wenn es am Ende nicht geht, dann geht es halt nicht“, hat er deshalb lange Zeit gesagt. Mittlerweile klingt es deutlich optimistischer: „Es wird messbar besser.“

KATHRIN ZEILMANN