„Deutsche beschäftigen sich lieber mit sich selbst“

Blickwechsel: Sibongile Khumalo, taz-Praktikantin aus Südafrika, über ihre Erfahrungen und den kleinen Kulturschock in Berlin

Wenn man aus einem Land mit vielen Sprachen und Kulturen kommt wie ich, ist Deutschland ein kultureller Schock. Südafrikaner gelten als extrovertiert, sehr offen und freundlich gegenüber Fremden. Deutsche sind eher introvertiert, was sie mir manchmal unfreundlich oder gar kalt erscheinen lässt. Zum Beispiel kann es in Südafrika passieren, dass man von Fremden begrüßt wird, als würde man sich schon lange kennen. Dann folgt Smalltalk. Mit Deutschen habe ich die Erfahrung gemacht, dass sie nicht so gerne reden, sich lieber mit sich selbst und ihrer eigenen Welt beschäftigen.

Öffentliche Verkehrsmittel in Südafrika sind voller Leben: Es wird miteinander herumgeschäkert, auch wenn man sich eben erst kennen gelernt hat. Und Südafrikaner lächeln. Lächeln ist eine Lebenseinstellung. Hier in Berlin vergraben sich die Leute in öffentlichen Verkehrsmitteln hinter Büchern und Zeitungen oder starren aus dem Fenster – Kopfhörer in den Ohren. So meiden sie den Kontakt. Will man in Südafrika mit dem Bus oder mit dem Zug fahren, begrüßt man erst einmal die Umstehenden. Im Bus wird dann geredet. Manchmal diskutiert der ganze Bus. Man redet über das Wetter, die Lieblingsseifenoper oder über gesellschaftliche Fragen.

Irritierend ist für mich in Deutschland auch, dass man hier in Restaurants rauchen oder sogar seinen Hund mitbringen kann! In Südafrika dürfen nur Blindenhunde mit ins Restaurant. Gut, aber ein bisschen ungewöhnlich finde ich die lockeren Alkoholgesetze: Hier gibt es Bier und Schnaps mitten im Supermarkt neben normalen Lebensmitteln. In Südafrika dürfen nur bestimmte Läden mit einer Lizenz Alkohol verkaufen, und die schließen schon früh. Für die meisten Südafrikaner wäre Deutschland daher ein Paradies: Ich hoffe, dass die Südafrikaner, die nach Deutschland zur Fußball-WM kommen, das einheimische Bier probieren, das viel billiger ist als bei uns. Schon deshalb wird es ihnen hier gefallen. Auf den Straßen könnte es dann allerdings gefährlich werden, da Südafrikaner nicht gewohnt sind, auf der rechten Straßenseite zu fahren. Aus diesem Grund bin ich auch schon ein paar Mal fast überfahren worden, weil ich immer in die falsche Richtung schaue, wenn ich die Straße überqueren will.

Was mich noch mehr verwirrt: die Radfahrer, die ziemlich wütend werden, wenn man sich auf ihre Wege verirrt. Zuerst war das sehr schwierig für mich, inzwischen kann ich über diese Erfahrungen lachen. Ich habe überlebt und kann sagen: „I have been there, done that and got the shirt.“