EIN BERICHT DER WELTBANK ZEIGT: MIGRATION IST ENTWICKLUNGSHILFE
: Hilfe zur Selbsthilfe

Jeden Tag betreiben 200 Millionen Migranten mit ihrem sauer verdienten Geld erfolgreich Entwicklungshilfe. Mehr als doppelt so viel Geld, wie die reichen Länder den Entwicklungsländern insgesamt gönnen, überweisen die Migranten jährlich nach Hause. 2005 werden es mindestens 167 Milliarden Dollar sein, noch einmal die Hälfte fließt über inoffizielle Kanäle in die Entwicklungsländer, schätzen die Experten der Weltbank.

Migration ist derzeit für die Menschen in Entwicklungsländern das wirksamste Mittel gegen Armut. Mehr Familien können bescheidene Rücklagen bilden und etwas Geld für Bildung und Gesundheit ausgeben. Der Devisenzufluss verbessert zudem die internationale Kreditwürdigkeit der Heimatländer und macht den Weg frei für neue Investitionen.

Doch auch die reichen Ländern profitieren von der Migration. Migranten zu kriminalisieren und sie als Schreckensbild zu missbrauchen, wie bei den Auseinandersetzungen von Ceuta und Melilla in diesem Herbst geschehen, ist darum irrational. Schließlich sind die Industrieländer auf Zuwanderer angewiesen. Nur so können der chronische Bevölkerungsrückgang und der Bedarf an Arbeitskräften gedeckt werden. Trotz fünf Millionen Arbeitslosen in Deutschland sind es noch immer oft Migranten, die schlecht bezahlte, harte und schmutzige Arbeit erledigen.

Eine tolerante Einwanderungspolitik ist praktizierte Entwicklungshilfe und für die Migranten die beste Hilfe zur Selbsthilfe. Industrieländer dürfen aber nicht nur die Hochqualifizierten herauspicken, sondern sollten auch – nicht zuletzt aus humanitärer Verpflichtung – weniger qualifizierten Einwanderern eine Chance geben. Dazu ist es nötig, die prekäre Lage vieler Einwanderer zu verbessern, die wahlweise in Ausbeutung, fehlendem sozialem Schutz oder drohender Abschiebung begründet ist. Einwanderungspolitik muss ebenfalls durch eine wirksame Integrationspolitik flankiert werden, die Einwanderern reale Lebensperspektiven bietet. Nicht nur Frankreich hat da Nachholbedarf.

TARIK AHMIA