Irland in der Relegation zur Fußball-WM: Weak like a bottle empty

Giovanni Trapattoni soll Irland ohne starkes Mittelfeld gegen Frankreichs Weltklassespieler zur Fußball-WM führen. Die Iren fühlen sich schon vor dem Anpfiff von der Fifa verschaukelt.

Gestenreich und lautstark. So ist Trapattoni auch in der Erinnerung deutscher Fußballfans. Bild: ap

DUBLIN taz | Englisch kann er inzwischen ein bisschen. Jedenfalls reichte es zu einem Wutausbruch, als er von den irischen Sportreportern zum wiederholten Mal nach Andy Reid gefragt wurde. "Schon wieder Andy Reid!", brüllte Giovanni Trapattoni, der 71-jährige Trainer der irischen Fußballnationalmannschaft, dessen Vertrag gerade bis 2012 verlängert wurde. Man solle ihn endlich mit dem Thema in Ruhe lassen.

Trapattoni hat sich voriges Jahr mit Reid überworfen, nachdem der Mittelfeldspieler vom englischen FC Sunderland den Zapfenstreich überzogen hatte und dann auch noch pampig wurde. Da auch der andere Mittelfeldspieler von internationalem Format, Stephen Ireland, seit zwei Jahren nicht zur Verfügung steht, haben die Iren seitdem ein Problem. Ireland spielt aus Scham nicht mehr für Irland, weil er damals erst den Tod der einen, dann der anderen Großmutter vorschob, um seine Teilnahme an einem Länderspiel abzusagen. Beide Großmütter sind bis heute quietschfidel.

Daher muss Trapattoni beim Relegationsspiel für die Weltmeisterschaft in Südafrika gegen die Franzosen heute im Dubliner Croke Park erneut mit einem Mittelfeld antreten, das schon in den Qualifikationsspielen kläglich versagte, sodass man zum unansehnlichen "Kick and rush" zurückkehrte, das schon in den Neunzigerjahren unter Jack Charlton praktiziert wurde. Das soll so gehen: den Ball nach vorne schlagen, wo es der liebe Gott oder Torjäger Robbie Keane richtet.

Dass die Iren in der Qualifikationsrunde dennoch ungeschlagen hinter Italien und vor Bulgarien auf dem zweiten Platz landeten, lag an der kompakten Defensive und der mannschaftlichen Geschlossenheit. Und vor allem an Shay Given von Manchester City, der bereits seit der bisher letzten irischen Teilnahme an einem großen Turnier, der WM 2002 in Südkorea und Japan, das Tor hütet und der wohl einzige irische Spieler von wahrer Weltklasse ist.

Die Franzosen hingegen haben eine Reihe von Weltklassespielern, quälten sich aber dennoch durch die Qualifikation, die sie mit einer 1:3-Niederlage in Österreich begannen. In vier Begegnungen schafften sie nur ein einziges Tor, selbst gegen die Färöer-Inseln. So reichte es am Ende nur zum zweiten Platz hinter Serbien. Dennoch ist Frankreich klarer Favorit für die beiden Spiele am Sonnabend und am kommenden Mittwoch.

Die Iren ärgern sich, dass der Internationale Fußballverband (Fifa) kurz vor der Auslosung der Relegationsspiele die Regeln geändert hat und vier Mannschaften setzte, obwohl die ja schon vor der Qualifikationsrunde gesetzt waren, aber diesen Vorteil nicht nutzen konnten. Es ist, davon ist man in Irland überzeugt, wie alles bei der Fifa eine Frage des Geldes, und große Fußballnationen sind bei einer Weltmeisterschaft nun mal lukrativer als irgendwelche Außenseiter.

Trapattonis Assistent Liam Brady ist deshalb dankbar, dass mit dem Deutschen Felix Brych und dem Schweden Martin Hansson zwei erfahrene Schiedsrichter die beiden Ausscheidungsspiele pfeifen. "Wir müssen daran glauben, dass die Schiedsrichter stark und unabhängig genug sein werden, um die Tatsache zu ignorieren, dass die Mächtigen in der Fifa lieber Frankreich bei der WM in Südafrika sehen würden", sagte er.

Selbst der irische Premierminister Brian Cowen hat sich eingemischt. Während sein Finanzminister dem Volk eine ökonomische Durststrecke verkündete, stellte Cowen seine Analyse des heutigen Fußballspiels auf YouTube. Für den Erfolg der "Jungs in Grün" komme es auf "individuelle Brillanz" im Mittelfeld sowie die "Umsetzung im Sturm" an.

Er sei äußerst optimistisch. Für die irische Tourismusindustrie hängt von den Spielen gegen Frankreich sogar die wirtschaftliche Zukunft der Insel ab. Ein Sieg könnte einen Wirtschaftsaufschwung einleiten, glaubt Frank Magee, der Geschäftsführer von Dublin Tourism. "Irlands gute Leistung bei der Weltmeisterschaft 1990 hat damals den Wirtschaftsboom ausgelöst", lautete seine recht eigenwillige Analyse der ökonomischen Entwicklung Irlands. "Wenn wir die Franzosen schlagen, stärkt das die Moral der Nation und könnte zum Aufschwung führen."

Zunächst will man die große Aufmerksamkeit, die das heutige Spiel in Frankreich ausgelöst hat, für den Tourismus nutzen. Man hat in den vergangenen Wochen eine große Werbekampagne gestartet, um die Franzosen im nächsten Sommer nach Irland zu locken. Wahrscheinlicher aber ist es, dass sie nach Südafrika fahren werden, um ihr Team bei der Weltmeisterschaft anzufeuern.

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