LESERINNENBRIEFE
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Unvermeidlicher Rücktritt

■ betr.: „Schavans Größe“, taz vom 11. 2. 13

Das klingt wie das scheinheilige „fürs Vaterland gefallen“! Was ist denn an einem Rücktritt „Größe“ oder „Respektabel“, der eh unvermeidlich, nein, selbstverständlich ist? PETER FINCKH, Ulm

Die Beute wird entzogen

■ betr.: „Schavans Größe“, taz vom 11. 2. 13

Der Vergleich mit Verjährungsfristen im Strafrecht passt nicht. Ein Bankräuber wird nach 30 Jahren nicht mehr bestraft. Aber die Beute wird nie sein rechtmäßiges Eigentum. Frau Schavan wird für ihre Mogelei auch nicht bestraft, aber die Beute wird eingezogen.

HEINO HOFFMANN, Hamburg

Täglich neu betrogen

■ betr.: „Schavans Größe“, taz vom 11. 2. 13

Ihr Verjährungsvergleich ist einfach falsch. Jemand, der einen Doktortitel trägt, den er unrechtmäßig erworben, betrügt durch das Tragen dieses Titels täglich neu. Er genießt besonderes Ansehen, macht beruflich und politisch Karriere. Er hat eventuell finanzielle Vorteile. Eine Verjährung greift hier also nicht.

JOACHIM SCHIEFERDECKER

Ein überfälliger Rücktritt

■ betr.: „Schavans Größe“, taz vom 11. 2. 13

Ein längst überfälliger Rücktritt einer Ministerin, für andere Blätter ein „nötiger Akt der politischen Hygiene“ (Nürnberger Nachrichten), gilt Ulrich Schulte als Beweis „menschlicher Größe“. Frau Schavan habe „ihr Leben der Wissenschaft gewidmet“, dabei besteht Frau Schavans Beitrag zur Wissenschaft in einer getürkten und daher wissenschaftlich wertlosen Doktorarbeit.

Zu insinuieren, nach drei Jahrzehnten solle doch Frau Schavans Vergehen quasi als verjährt gelten, verrät nur Unkenntnis über den Sinn der Verjährungsregelung: Die gibt es nicht deshalb, weil mit der Zeit die Verwerflichkeit eines Vergehens getilgt wird, sondern sie dient bei der Schwäche der menschlichen Erinnerung der Entlastung der Ermittlungsbehörden. Bei einem Plagiat geht es aber immer um publizierte und daher auch nach Jahrzehnten noch unveränderte Texte. Ihr Leben hat Frau Schavan der Wissenschaftspolitik gewidmet, wobei ihre Minister-Karriere von dem ermogelten Doktor sicher profitiert hat. Mitleid mit ihr scheint angesichts der ihr nun zustehenden üppigen Pension nicht angebracht.

Und die Erkenntnis, die sich aufdrängt, ist nicht die, dass das Verzeihen aus der Mode gekommen ist, sondern dass die Fähigkeit kritischer journalistischer Analyse bei der taz immer mehr aus der Mode kommt THEODOR EBERT, Erlangen

Kein leuchtendes Beispiel

■ betr.: „Schavans Größe“ u.a., taz vom 11. 2. 13

So, sie ist also doch zurückgetreten! Von Einsicht in ihr Fehlverhalten vor 37 Jahren, das klar auf der Hand liegt, keine Spur! Und weil sie im Gegensatz zu den meisten andern Politikern uneitel und bescheiden im Fernsehen aufgetreten ist, kommt jetzt auch die taz mit Beiträgen voller Mitleid und Verständnis. Es fehlt bloß noch der Hinweis auf „hervorragende“ Arbeit, wie sie sich unsere Politiker gegenseitig zu bescheinigen pflegen.

Dabei blieb der Wissenschaftsministerin doch gar nichts anderes übrig, als ihr Amt aufzugeben. Wie hätte sie wohl die ständigen Hinweise auf ihre gepanschte Doktorarbeit aushalten können! Ich verstehe auch nicht, warum Frau Käßmann immer als leuchtendes Beispiel hingestellt wird. Ist es nicht eine Selbstverständlichkeit zurückzutreten, wenn in den Medien groß und genüsslich ein Widerspruch zwischen Forderungen an andere und dem eigenen Verhalten behandelt wird? Geschieht es nicht auch vor allem aus eigenem Interesse?

JOACHIM LANGE, Bad Doberan

Nicht neu, eher reaktionär

■ betr.: „Bestrafen und heucheln“, taz vom 11. 2. 13

Die taz provoziert gern. Auch Thomas Galli will provozieren, wenn er in der taz dem Opferschutz gegenüber der Behandlung von Straftätern Vorrang einräumt. Aber was will er konkret? Mancher Satz seines Artikels liest sich, als wolle er das Strafrecht für Sexual- und Gewaltdelikte schlechthin abschaffen und durch ein großzügiges Betreuungs- und Entschädigungsrecht für die Opfer solcher Taten ersetzen. Das wäre in der Tat revolutionär.

Dann aber wird deutlich: Zum „Sichkümmern“ um die Opfer sollen „harte Konsequenzen“ gegen die Täter kommen, über die die Opfer (dass sie Opfer sind, steht offenbar schon fest) „mitentscheiden dürfen“. Das ist nicht neu und, mit Verlaub, eher reaktionär. Was bleibt, sind nicht zu Ende gedachte Stoßseufzer eines vielleicht zu Recht frustrierten Praktikers aus dem bayerischen Strafvollzug. So etwas sollte eine Zeitung wie die taz, die mit Christian Rath einen brillanten juristischen Korrespondenten hat, nicht ohne Gegenrede oder wenigstens redaktionelle Einrahmung stehen lassen.

STEPHAN VOIGTEL, Düsseldorf