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Schavan will private BildungsvorsorgeKampfansage an die Studis

Private Bildungsvorsorge per "Zukunftskonto"? Der Vorschlag von Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) stößt auf scharfe Ablehnung bei Opposition und Studierenden.

"Annette Schavan erwartet ernsthaft, dass die Menschen für Bildung sparen während die Regierung selbst an der Bildung spart", kritisiert Dagmar Ziegler von der SPD. Bild: ap

BERLIN taz | Die Pläne der Bildungsministerin Annette Schavan (CDU), Menschen künftig schon ab der Geburt mit Startkapital für private Bildungsvorsorge auszustatten, stoßen auf starke Ablehnung in der Opposition und unter Studierenden. Die Ministerin hatte am Wochenende vorgeschlagen, verstärkt private Bildungsinvestitionen einzufordern und diese - ähnlich dem Bausparen und der "Riester-Rente" - durch staatliche Prämien und Anreizsysteme zu fördern. "Das war eine Erfolgsgeschichte gerade für die, die kleinere Einkommen haben", sagte Schavan.

Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Dagmar Ziegler, sagte der taz am Montag: "Die Ministerin erwartet ernsthaft, dass die Menschen für Bildung sparen, während die Regierung selbst an der Bildung spart. Das ist absurd. Bildung ist eine staatliche Aufgabe und das muss sie auch bleiben."

Auch in den Reihen der Grünen und der Linkspartei stößt Schavans Vorschlag auf scharfe Ablehnung. Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, sagte der taz, Schavans Vorschlag werde bildungspolitisch zu mehr sozialer Spaltung führen: "Schavans Bildungssparmodell ist ein Schritt in Richtung Kommerzialisierung und Ökonomisierung des Bildungswesens und wird insbesondere die Kinder aus ärmeren Elternhäusern treffen."

Die hochschulpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Nicole Gohlke, sagte am Montag: "Viele Menschen in Deutschland haben am Monatsende nichts mehr übrig zum Sparen. Frau Schavan sollte sich deshalb erstmal um eine Bafög-Reform kümmern, die den Namen auch verdient." Sie forderte eine "ernsthafte Erhöhung des Bafög" und die Abschaffung der Studiengebühren. "Das würde die Studierenden sofort entlasten und mehr Studienanfänger auch aus sozial schwächeren Schichten an die Unis bringen."

Auch in Reihen der Studierenden sorgte der Vorschlag zur privaten Bildungsvorsorge für Unverständnis. Jenny Morin vom Presseteam des bundesweiten Bildungsstreiks sagte der taz: "Dass die Bildungsministerin vor dem Hintergrund des Bildungsstreiks tatsächlich mit diesem Privatisierungsvorschlag aus der Deckung kommt, ist eine Kampfansage an die Studierenden."

Geht es nach Bildungsministerin Schavan, sollen Eltern künftig schon bei der Geburt ihrer Kinder Verantwortung für deren künftige Bildungsfinanzierung übernehmen. Die Ministerin hatte in der Rheinischen Post am Wochenende für ein staatlich gefördertes Bildungssparmodell geworben. Damit bekräftigte sie die Pläne aus dem schwarz-gelben Koalitionsvertrag, nach denen künftig jedem Neugeborenen ein sogenanntes "Zukunftskonto" eingerichtet werden soll, auf das der Staat ein Startkapital von 150 Euro einzahlt.

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13 Kommentare

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  • VR
    Volker Rockel

    Wenn die globale Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft in Abhängigkeit zum Bildungsniveau einer Zivilgesellschaft steht, dann gilt es einen barrierefreien Zugang zu den Bildungseinrichtungen zu schaffen!

     

    Mehr noch, es sollte Verpflichtung des Staates sein - jedem der die Fähigkeiten zu einem Hochschulstudium mitbringt, unabhängig von seiner sozialen Herkunft - alle Möglichkeiten zu schaffen diese Bildungsoption tatsächlich einlösen zu können!

     

    Und heute sind es nicht nur Studiengebühren, die für viele bereits eine Hürde für das Studium bedeuten. In vielen Fällen scheitert das Studium an solchen Banalitäten, wie ein unzureichendes Wohnangebot an den Universitätsstandorten oder an derart überteuerte Wohnmöglichkeiten, dass für viele ein Studium in bestimmten Studiengängen überhaupt nicht möglich ist!- Von den anderen Unzugänglichkeiten des Studiums selbst, mal ganz abgesehen!

     

     

    Das ganze Bildungskonzept ist in Deutschland weder durchdacht, noch läßt es den Schluss zu, dass über das Bildungsniveau zukünftig eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft möglich sein sollte!?

     

    Hier zeigt sich auch prägnant die Wechselwirkung zwischen der Politik und der Zukunftsfähigkeit einer Zivilgesellschaft: Mittelmäßige Politiker können auch nur mittelmäßige Politik!

     

    Und wenn man das Thema Bildung als Maßstab für die Leistungsfähigkeit unserer Politik(er) nimmt, dann reicht es offensichtlich noch nicht einmal mehr für politisches Mittelmaß!

  • M
    Moses

    Hört sich super an, dann kann man endlich die wahre Elite herausbilden und muss das blöde Fußvolk nicht weiter ertragen...

    Es ist einfach unglaublich was in den Köpfen derer abgeht, die nichts mit Studenten oder Schülern zu tun haben. Wenn Heut zu Tage schon die "einfachen Mitarbeiter" z.B. aus Gastronomie und Friseur Handwerk nicht genug Geld verdienen um privat für die Rente vorzu sorgen, was automatisch zur Altersarmut führen wird (angenommen, es wird weiter betrieben wie bisher, denn keiner fragt wieviel die Leute am Ende raus bekommen,...), dann wir erst recht ein "Bildungssparen" sozialer sein und die Splatung in zwei Klassen aufhalten... entschuldigt wenn das sehr polemisch wirkt... aber die Forderungen bzw. Äußerungen von Frau Schavan, scheinen genau dieses Level erreicht zu haben.

    Wieviele Menschen werden später eigentlich Riester beziehen?

    Wie hoch wird die Rente sein bei der privaten Rente... aus eigener Erfahrung weiß ich, dass wenn ich Heute monatlich 99,- Euro monatl. in die Private Altersvorsorge investiere bekomme ich 160,- Euro raus... lasst mich mal überlegen, eine günstige Studentenbude ab 9 m² in HH kostet 190,- €.... noch Fragen?

  • N
    name

    Ui!: 150 Euro. Na wenn das in 20 Jahren... also mit Zinseszinsen und so... nicht ganze ... naja, vielleicht... 1000 Euro werden...

    Das reicht ja für 2 Semester!

     

    Und dieses Wort: "Bildungsvorsorge"... Lieber vorsorgen als nachsorgen... hihihi. Also im Falle eines Falles sollte man schon vorgesorgt haben... Aber der Ernstfall wird ja hoffentlich nie eintreten... Und dann sind 150 Euro + Zinseszinsen immer noch besser als gar nichts...

     

    Da wurde wieder einmal im Sinne der kleinen Leute mitgedacht, die sich Bildung sowieso nicht leisten können und wollen...

     

    >>>>:-< !

  • L
    Lazertis

    Sparen bis der Arzt kommt.

     

    Irgendwie ist unser ganzes System doch schon ziemlich kaputt. Die Antoinette war dann irgendwann recht kopflos. Die Schavan scheint das bereits jetzt zu sein. Abgesehen davon, dass das alles Unsinn ist, ist es die Aufgabe der Bildungsministerin über so etwas nachzudenken?

  • J
    Jan

    Schavanistisches Bildungsverständnis lässt sich demnach nur in barem Geld aufrechnen, so dass der homos christus oeconomicus fachidiotisch wie sie selber nach sechs Bezahlsemestern die Inhalte stereotypisch vermittelter Lerneinheiten in den Unis nach deren Buchstaben gemäß auswendig gelernt hätte, wie sie selber:

     

    http://video.google.com/videoplay?docid=5132924373219365319&ei=KDDNSob2Jp_E2wKHsb2XAQ&q=Studiengeb%C3%BChren+Frankfurt#

     

     

    Dass lassen wir uns nicht länger bieten!

  • T
    TurboThobbsy

    Streik-Song der Uni Wuppertal:

    http://www.youtube.com/watch?v=r0R5lBOdgr0

  • MK
    Melanie Kundrot

    Einst Dichter und Denker, planen nun die Ingenieure dieses Landes die klein(kariert)en Boxen, die den Denk-Raum der zukünftigen Generationen auf den unserer verehrten Bildungsministerin eingrenzen sollen.

     

    Ein morsches System einfach in ein frisches Kleidchen stecken, aus der Riester-Rente das Schavan-Stipendium machen, tja und schon hat man "das Anliegen dieser jungen Menschen ernst genommen." Und später kann man dann ganz bequem wie schon mit den Studiengebühren Haushaltslöcher stopfen.

    Wer spart noch mal in die Riester ein? Ach ja, richtig, Hartz VI Empfänger. Die sparen dann auch noch für die Bildung ihrer Kinder.

    Mit Verlaub Frau Ministerin, Sie haben die Forderung nach den reichen Eltern wohl schlicht und ergreifend einfach nicht verstanden.

     

    Wer unfähig ist, sich mit komplexen Problemen auseinander zu setzten, sollte sich nicht darum kümmern,wie das anderen Leuten beigebracht werden sollte.

    Denn würde diese Dame das wirklich tun, wäre sie wohl richtig gefordert. Doch ein Glück reicht es auch an der falschen Stelle zu fördern.

     

    Willkommen im Land der Armen und Begrenzten!

  • Z
    Zion

    @andrea: Ich bezweifle arg, dass in diesen deutschen Landen jemals nur nahezu ähnliche revolutionäre Verhältnisse möglich sind wie zu Marie Antoinettes Zeiten. Leider.

  • L
    Lulu

    Interessant. Bei der Betreuungsgelddebatte wird von allen Seiten (auch innerhalb der CDU) darauf hingewiesen, dass etliche Eltern nicht verantwortungbewusst mit diesem Geld umgehen können/wollen und wenig oder keinen Zugang zu Bildung vermitteln. Und nun sollen eben diese Eltern privat in Bildung investieren und das soll klappen...

    mal abgesehen davon, dass die wenigsten Familien(besonders mit mehreren Kindern) sparen können...

    Ich hoffe die Studis kämpfen weiter!

  • E
    end.the.occupation

    Wofür Steuern zahlen?

     

    Für die soziale Hängematte deutscher Banker und deren Aktionäre selbstverständlich.

     

    Harz 4^10 - weil - das sind die Leistungsträger!

  • M
    mg95

    Und dann jedem Neugeborenen neben der lebenslangen Steuernummer einen Chip einpflanzen, damit der Lebenslauf auch akkurat kontrolliert werden kann.

     

    So ein Schwachsinn wie die gegenwärtige "Bildungs"politik kann eigentlich gar nicht wahr sein!

  • A
    Andrea

    Unsere abgehobene Ministerin Schavan kann sich in ihrer geistigen Begrenztheit offenbar nicht vorstellen, dass mittlerweile weite Teile der Mittelschicht von der Hand in den Mund leben und gar nicht in der Lage sind zu sparen und zwar mangels Masse - nicht mangels Sparwillen !

     

    Marie Antoinette musste für die Art von Abgehobenheit teuer bezahlen... Ich wünsche Frau Schavan, dass die Politik noch rechtzeitig die Kurve bekommt, bevor hier irgendwann der Sturm losbricht, der übrigens auch bei der Französischen Revolution vom ausgepressten Bürgerum ausging !

  • F
    fabian

    wofür zahlen eltern eigentlich steuern, wenn nicht für die bildung ihrer kinder?